Warum vorausgesagt wird, was man eben erlebt hat
Gute Nachrichten für hartgesottene Gold-Fans erreichen uns von der LBMA-Konferenz in Lima:
Die meisten Teilnehmer des Jahrestreffens der London Bullion Market Association hatten eine tendenziell eher bärische Haltung – waren, was die Aussichten für Gold betrifft, also eher pessimistisch eingestellt.
Zusätzlich zu den momentan in den Medien kursierenden „Konträrsignalen“, können Sie auch noch folgende Punkte auf den Stapel vermeintlich aufschlussreicher Argumente packen:
Bereits bei der letztjährigen Konferenz der LBMA stellte ich fest, dass die teilnehmenden sogenannten Experten und Branchen-Insider mit Ihrer 12-Monatsprognose ausnahmslos jedes Mal ins Fettnäpfchen treten. Naja, zumindest etwas, worauf Verlass zu sein scheint.
Es stimmt, dass diese Vorhersagen nicht als wissenschaftliche Umfragen konzipiert sind. Vielmehr soll damit die generelle Stimmung gegenüber Edelmetall in den Fachkreisen eingefangen werden, indem die Teilnehmer als Kollektiv versuchen, die durchschnittlichen Preise für Gold und Silber für das nächste Jahr vorherzusagen.
In dieser Woche prognostizierte der außergewöhnlich kleine Teilnehmerkreis in Peru, dass Gold bis zur Sitzung im nächsten Herbst zu durchschnittlich 1200 USD je Feinunze gehandelt werde:
Dieses Ergebnis muss wohl als bärisch interpretiert werden. Auch andere Experten und Journalisten teilen meine Auffassung, indem sie die Stimmung als pessimistisch beschrieben.
Wie wird noch einmal sinngemäß in der „Konträrtheorie“ für langfristige Investitionen argumentiert? Wenn alle einer Anlage bereits den Rücken zugekehrt haben… oder zumindest unzufrieden sind… kann sich diese nur noch in eine Richtung weiterentwickeln.
Also suchen Sie nach einer Anlage, die momentan gänzlich unbeliebt und massiv überverkauft ist - und füllen Sie Ihre Taschen damit!
Womöglich ist Gold noch nicht ganz an diesem Tiefpunkt angelangt. Aber wenn man die Gegenwart mit der Zeit während des Höhepunkts der Finanzkrise vergleicht, so hat sich das Rad deutlich gedreht.
Nach dem Platzen der Finanzblase sind es nun auf einmal nicht mehr die Hedgefonds und Kreditderivate, die im Fokus von Rechtsstreitigkeiten stehen und die von Aufsichtsbehörden näher unter die Lupe genommen werden, sondern Gold und Silber. Aufgrund dieser Tatsache im Zusammenhang mit den Medien, die von einer „Flucht vor Rohstoffen“ sprechen, muss wohl eine Art von Tiefpunkt bevorstehen.
Natürlich ist „bevorstehen“ etwas vage. In dieser Woche ließ ein namhafter Portfoliomanager noch verlauten, dass ein Kursrutsch von Gold auf 800 USD je Feinunze durchaus im Bereich des Möglichen sei.
Es ist auch denkbar, dass drei Jahre, nachdem Gold und Silber ihre Rekordhöhen erreichten, solch pessimistischen Voraussagen einfach die Erfahrungen der vergangenen Jahre widerspiegeln.
Somit würde bei der Umfrage lediglich das Ergebnis hochgerechnet werden, wenn sich die Preise so wie in den vergangenen drei Jahren weiterentwickeln würden. Genauso wie nach dem Gipfel von Gold von rund 1900 USD im Jahr 2011 die weltweiten Prognosen auf 3000 USD, 5000 USD und sogar bis auf 10.000 USD stiegen.
Überzogene Prognosen gibt es natürlich in beide Richtungen, in die optimistische ebenso wie in die pessimistische. Im Allgemeinen neigen die Menschen wohl einfach dazu, das vorauszusagen, was sie eben erlebt haben… und Experten bilden dabei keine Ausnahme.
Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.