Goldpreis: Die LBMA holt in Rom ihre Kristallkugel hervor
Was ist die LBMA und warum versucht sie, den Goldpreis für das nächste Jahr zu prognostizieren?
Bei der jährlich stattfinden Konferenz der LBMA wird traditionell jedes Jahr versucht, den Goldpreis vorauszusagen, und der präsentierte Durchschnitt gilt als Leitfaden für die derzeitige Stimmung bei den Experten, schreibt Adrian Ash von BullionVault.
Die Idee ist alt. Die meisten, die beispielsweise versuchen zu erraten, wieviele Bonbons sich in einem Glas oder Luftballons in einem Fahrzeug befinden, werden voraussichtlich ziemlich daneben liegen. Aber nimmt man den Durchschnitt der gesamten Schätzungen, so trifft das Ergebnis oft erstaunlich genau zu.
Bei Zukunftsprognosen kann „Die Weisheit der Vielen“ ebenfalls behilflich sein. Beispielsweise wenn es sich um Fachleute handelt, die ihr Glück darin versuchen, etwas wie die Gold- und Silberpreise für das nächste Jahr einzuschätzen.
Allerdings…
Was ist also los mit der Weisheit? Und wer stellt diese Vermutungen an?
Die London Bullion Market Association (LBMA) besteht aus einer Gruppe von Bankern, Brokern, Veredlern, Gutachtern sowie Betreibern von Münzprägeanstalten, Minen und Tresoren. Sie alle haben ein gemeinsames Interesse:
Den weltweit bedeutendsten außerbörslichen Handelsplatz für Gold und Silber auf bestmögliche Art und Weise zu koordinieren.
Die Mitarbeiter der LBMA sind dafür verantwortlich, die Anforderungen für Good-Delivery-Barren auf dem professionellen Londoner Edelmetallmarkt zu standardisieren und dafür zu sorgen, dass diese eingehalten werden. Das Gewicht dieser Barren beträgt 1000 Feinunzen bei Silber- und 400 Feinunzen bei Goldbarren. Diese Standards gibt es seit rund 250 Jahren, nämlich seitdem die Bank of England, die bereits damals wie heute im Herzen des weltweit physischen Goldhandels saß, den Händlern mitteilte, was sie in ihren Tresoren akzeptieren würden – und was nicht.
Um diese Standards zu erreichen, erstellte das kleine Führungsteam der LBMA, zusammen mit einer Auswahl von freiwilligen Mitgliedern des Komitees, eine Liste von Veredlern, welche die Good-Delivery-Barren herstellen durften. Auch dies wird seit Gründung der Bank of England so gehandhabt. Diese Veredler kennen die Bedeutsamkeit des Gütesiegels Good-Delivery. Für sie ist es eine Auszeichnung, ausgewählt und anerkannt (und hie und da stichprobenartig überprüft) zu werden, um diejenigen Gold- und Silberbarren herzustellen, die diesen Qualitätsanforderungen entsprechen.
Durch diese Anforderungen werden Gewicht, Form, eingestanzte Barrennummer und Feinheit bestimmt. Und das ist es dann eigentlich auch schon. Dies ist die wesentliche Aufgabe der LBMA. Und das ist auch alles, was von deren Mitgliedern (wie beispielsweise BullionVault und die zuvor erwähnten Banker, Broker, Minenbetreiber etc.) erwartet wird.
Die LBMA betreibt weder Tresore, noch handelt sie selbst mit Edelmetall. Stattdessen vertritt sie die Interessen der Edelmetall-Industrie gegenüber der Regierung. Man denke hierbei auch an das Dodd-Frank-Gesetz von Juli 2010, laut dessen für die bei der US-Behördenaufsicht registrierten Unternehmen eine Meldepflicht für die Nutzung von „Konfliktmineralien“ besteht. Hierzu gehört auch Gold, das aus der Demokratischen Republik Kongo oder angrenzenden Ländern stammt und durch das bewaffnete Konflikte in dieser Region finanziert wurden.
Auf dem außerbörslichen Großhandelsmarkt werden täglich über 600 Tonnen Gold und 3.000 Tonnen Silber gehandelt. Wirft man allerdings einen Blick auf die Jahresabschlüsse der LBMA, so stellt man fest, dass diese Organisation mit einem kleineren Budget arbeitet als es vermutlich Ihr örtlicher Tennisverein tut.
Jedoch sind Banker, Broker und der ganze Rest recht gesellige Menschen. Die in London Ansässigen ebenso wie die stets neu hinzukommenden Mitglieder aus der restlichen Welt, insbesondere aus China. Und das jährliche Treffen gibt den Mitgliedern die Möglichkeit, bei einem Bierchen (oder zwei) sich über den Handel und letzten Klatsch auszutauschen und dabei neue Geschäftsbeziehungen und Deals anzukurbeln.
So wird es auch vom 29. September bis zum 1. Oktober 2013 in Rom ablaufen, wo die 14. Jahreskonferenz stattfinden wird. Um die Dinner (und die Reise im nächsten Jahr) rechtfertigen zu können, gibt es zwei Tage lang Seminare. Zu den Hauptrednern der letzten Jahre gehörten unter anderem Marc Faber und Pierre Lassonde. Des Weiteren wird bei dem Treffen von mehr als 700 Markt-Akteuren wieder gemeinsam gemutmaßt, wie sich die Edelmetall-Preise innerhalb des nächsten Jahres entwickeln werden. Dies ist allerdings weniger richtungsweisend gedacht, sondern fängt vielmehr das derzeitige Sentiment in den Fachkreisen ein.
Schon lange gibt es eine Kluft zwischen dieser „Weisheit der Vielen“ und der Realität zwölf Monate später. Oder wie es Rhona O’Connell von GFMS in 2009 ausdrückte: „Dies ist wohl eine recht ernüchternde Idee für all diejenigen unter uns, die vorgaben, eine Kristallkugel zu besitzen.“
Nachdem sie während der weltweiten Finanzkrise den Goldpreis viel zu niedrig vorhersagten, hoben die Vertreter des professionellen Gold- und Silbermarkts ihre Erwartungen an. Allerdings genau zu der Zeit, als der Preis anfing zu fallen. „In diesem Jahr habe ich das Gefühl, das der Optimismus etwas nachgelassen hat und [die Fachleute vom starken Preisanstieg] nun nicht mehr so überzeugt sind“, meinte Tom Kendall, Leiter der Edelmetall-Abteilung von Credit Suisse, als er im vergangenen Jahr die Konferenz in Hongkong zusammenfasste. Jedoch stimmte die Schätzung abermals nicht, diesmal allerdings, weil sie viel zu hoch ausfiel.
Um sich darüber zu informieren, wie die diesjährige Prognose ausgefallen ist, können Sie BullionVault auf Twitter verfolgen und sich mit den GoldNews auf dem Laufenden halten. Achten Sie auch auf weitere Nachrichten und Meinungen von der wichtigsten Veranstaltung des weltweiten Edelmetallmarkts. Denn wenn sie auch sonst nichts zeigt, so lässt sich anhand der kollektiven Goldpreis-Prognose von Rom 2013 zumindest erahnen, wie schnell sich unter Umständen die Preise genau in die andere Richtung bewegen könnten.
Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.