Euro-Dämmerung
Deutschlands private Goldjäger zeigen einfach mehr Fantasie als Journalisten, Politiker und Akademiker...
Soziales Chaos und Inflation der Weimarer Republik, frisches Gelddrucken und Lagergeld während des dritten Reiches, Ängste um eine neue Hyperinflation und der Tauschhandel nach Kriegsende, der Kalte Krieg, der von Ludwig Erhard ausgelöst wurde, als er an einem Sonntag die Deutsche Mark auf den Markt brachte, das dazu führte, das die Soviets West-Berlin besetzten, all das hat Deutschland schon erlebt. Und sogar noch heute, diskutieren ältere Bundestagspolitiker öffentlich darüber, inwieweit die Währungseinheit eine Bedingung Frankreichs war, um die deutsche Wiedervereinigung zu akzeptieren.
Jetzt Ende 2010 würde ein mögliches Scheitern der Eurozone "Europa um 50 Jahre zurückwerfen", sagte Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen gegenüber der FAZ diese Woche.
"Ich kann nicht glauben, was passieren wird. Es ist unvorstellbar", sagt Eichengreen. Doch das zeugt von wenig Fantasie, was auch vielen anderen Experten der Eurozone fehlt. Deutsche Privathaushalte dagegen kennen Ihre Geschichte.
Die deutsche Öffentlichkeit hat lange gedacht, dass sich das Europrojekt auflösen könnte, so dass man heute noch immer 13 Milliarden physische Deutsche Mark besitzt, obwohl man die gesamte Summe jederzeit zum vollen Eurowert hätte umtauschen können. Das ist fast 1% der gesamten Scheine und Münzen der 16 Eurozonen-Staaten, die momentan im Umlauf sind.
Darüberhinaus ist die Nachfrage nach Goldanlagen, was eine klare Ablehnung der Politik von Zentralbanken bedeutet, weiterhin auf Rekordniveau, wie die unten anstehende Graphik von Wolfgang Wrzesniok-Rossbach von der Raffinerie-Gruppe Heraeus deutlich macht, die er während der LBMA Konferenz im September in Berlin präsentiert hatte.
Wie Sie sehen können, ist und bleibt Deutschland (grün) der Nr.1 Goldbarrenmarkt unter den entwickelten Länder. (Die Schweizer Flagge zeigt, dass eine große, aber unbekannte Menge an schweizer Nachfrage nach Goldbarren aus Deutschland kommt, da Anleger ihr Edelmetall lieber ausserhalb der Eurozone lagern möchten, wie sie es zum Beispiel sehr günstig über BullionVault machen können.)
Auch gibt es in den USA kein Monopol von Goldjägern, wie es Journalisten gerne in Ihren Fantasien ausschmücken. So berichtet die FAZ von hitzigen deutschen Verschwörungstheorien auf den Diskussionsforen von HartGeld.com, die eine Apokalypse des Euros vohersagen. Doch der neue Euro-Rekord des Goldpreises diese Woche deutet auf etwas Anderes hin, etwas Ungutes, so vermuten wir.
Zumindest bedeutet Deutschlands langfristige Einschätzung eines stabilen Goldpreises von €10.000 pro Kilo (oder eher DM 20,000) für den Stabilitätspakt des Euros eine klare Erleichterung. Und man muss nicht Jude Wanniski oder Alan Greenspan (vor -1996) sein, um sich zu wundern, ob der Goldpreis, das 5000 Jahre durchgehend Geld war, eine hohe Aussagekraft hat hinsichtlich des Wertes, von dem, was Europäer im letzten Jahrzehnt ihre Währung nannten.
In der Tat sah von Anfang an der "Geist der D-Mark" (wie es Nobelpreisträger Robert Mundell, Ekonomist und "Vater des Euros" es selbst genannt hat), der 50 Jahre mit teutonischer Disziplin gelernt und angewandt wurde, die strengen Regeln des Euros bei jeder Gelegenheit umgangen.
- Zuerst wurde das eigene Ziel der Europäischen Zentralbank für das Wachstum der Geldnachfrage zu einem Referenzwert abgewertet und danach völlig ignoriert. Festgesetzt auf jährliche 4,5%, schoss es auf dem Höhepunkt der Banken-Blase in 2006/7 auf über 12%;
- Ausser Luxemburg haben alle anderen Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, gegen Brüssels Defizit- und Schuldenregeln verstoßen, was dazu führte, das die EU-Kommission spezielle Massnahmen verhängen musste, die sie dann aber ihrerseits ebenso nicht einhielt;
- Da der EU-Gründungsvertrag es nicht erlaubt, Staatsdefizite direkt zu finanzieren, hat die EZB zunächst Geschäftsbanken ausgeholfen, in den es Staatsanleihen als Sicherheit annahm. Dann wurde aber alles über Bord geworfen und man einigte sich, Staatsanleihen direkt zu kaufen und zu halten, je schwächer desto besser.
Währungssysteme können zusammenbrechen und der nachbarschaftliche Handel ohne Grenzen kann keinen Währungpakt garantieren, wenn sich 15 seiner 16 Mitglieder nicht an die Regeln halten. Noch nie waren zwei verschiedene Länder mit McDonalds-Fillialen gegeneinander in den Krieg gezogen bis 1991 im Balkan und nachdem auch die letzte der zerfledderten Euro-Regelungen zerrissen wird, warum sollte dann nicht auch die legale "Unmöglichkeit" einer Auflösung ins Auge gefasst werden?
Das mögliche Chaos, das folgen wird, beschäftigt natürlich die Köpfe der Technokraten wie noch nie zuvor. Barry Eichengreens eigene Warnung - immense schädliche Transferkosten plus Kapitalflucht der schwächeren Länder, das jede neue deutsche Währung nach oben schiessen lässt und somit seinem Export trifft - wird zu einer zwingenden Angelegenheit, das dem Euro schon immer gefehlt hat: Eine einzige souveräne Regierung, dass die singuläre Währung abdeckt. Mit dem zunehmenden Druck nach Federalisierung wünschst man sich eine Regierung im Sinnbild seiner Währung und nicht umgekehrt. Und Ziel ist ein Superstaat, das willig, erpicht und fähig ist, Europa aus den Schulden zu drucken.
Was uns natürlich direkt zurück nach Weimar bringt.
Möchten Sie Gold kaufen...?