Gold und The Economist
Gold, Knappheit und die Täuschung der industriellen Nutzlosigkeit
Im The Economist letzte Woche präsentierte Nils Sandberg von der Judge Business School der Universität Cambridge ein geläufiges Argument gegen den derzeitigen Wert von Gold, das sich ihm zufolge in einer Blase befindet, da es sehr wenig industriellen Gebrauch dafür gibt.
Diese These zu widerlegen ist wirklich sehr einfach, sagt Paul Tustain, Gründer und CEO von BullionVault.
Nehmen Sie einen 20-Pfund-Schein aus Ihrer Brieftasche. Denken Sie an die industriellen Verwendungszwecke des Papiers, auf dem es gedruckt ist. Und jetzt verbrennen Sie es.
Warum haben Sie es nicht gemacht? Schliesslich hängt doch sein Wert, laut der These von Herrn Sandberg, von dem Gebrauch des Papiers für industrielle Zwecke ab.
Nichtsdestotrotz ist es interessant, zu verstehen, warum Gold - so wie ein 20-Pfund-Schein - über der Relevanz seiner Zweckdienlichkeit bewertet wird. Es ist nicht überraschend, dass die Antwort im Grenznutzen liegt.
Gold bietet der Menschheit eine aussergewöhnlich nützliche Eigenschaft: Es hat einen ausserordentlich stabilen Bestand. Es gibt davon 166.000 Tonnen über der Erde (im Wert von 8 Mrd. Dollar), das zu 88% als Wertanlage gehalten wird in der Form von Schmuck (52%) und Goldbarren (36%). Der Bestand wächst ungefähr um 1,5% pro Jahr, mit der vereinten Kraft aller Goldminen dieser Erde.
Gold hat diese verlässliche Qualität des Bestandes, denn es ist:
1. Geographisch selten
2. Elementär (z.B. nicht herstellungsfähig) und
3. Industriell unbrauchbar
Kein anderes Edelmetall hat diese Qualität; nicht Silber, das 80 Mal mehr unter der Erde vorkommt und auch nicht Platinum, das als Katalyst viel zu nützlich ist, als das es Bestandsstabilität bieten könnte.
Verlässliche Knappheit ist der Hauptfaktor, den Anleger in Bezug auf Geld benötigen, da es ansonsten keinen Wert bewahren kann.
Natürlich brauchen wir aber kein Gold, um verlässliche Knappheit zu erhalten, normalerweise können wir diese verlässliche Knappheit künstlich erschaffen, so wie wir es mit unseren modernen Währungen tun.
Und jetzt die Erkärung zum Grenznutzen: Wenn neue Währungen zu freigiebig ausgegeben werden, dann sind wir mit verlässlicher Knappheit unterversorgt und Anleger fangen an, danach zu suchen. Da sie gesehen haben, dass die künstlich erzeugte verlässliche Knappheit in einer Währung gescheitert ist, ist sein Versprechen in einer anderen Währung nicht überzeugend, so dass sie sich zu natürlich verlässlicher Knappheit wenden und die Nachfrage danach dramatisch steigt, weil Regierungen Geld drucken. Das ist es, was Gold antreibt. Herr Sandberg hat jedoch damit Recht, dass es irdgenwann einmal wieder hinuntergehen wird, wenn die künstliche Knappheit von Währungen abermals verlässlich wird und diese Währungen wieder anfangen, Erträge zu bringen.
In der Zwischenzeit wäre es jedoch irrational, optimistischerweise zu hoffen, dass die US-Regierung angesichts von 21 Mrd. Dollar Schulden nicht noch mehr Geld drucken wird.
Die Frage ist daher, ob Anleger, die 100 Mrd. Dollar an datierten Schuldpapieren in den Anleihenmärkten besitzen, sich von der anhaltenden Gelddruck-Politik der USA und anderer Regierungen fürchten werden. Für diese 100 Mrd. Dollar an Schuldpapieren hat die Uhr schon angefangen, zu ticken. Es bewegt sich gegen Ende, wo es immer mehr wie Bargeld agiert. Vielleicht werden seine Besitzer bei der Rückzahlung Bargeld einfordern, so wie es ihr Recht ist. Die betreffende Summe würde die 15 Mrd. Dollar an Bargeld und die kurzfristigen Einlageninstrumente, die derzeit im Umlauf sind, verschlingen.
Menschen, die Gold besitzen, sind sich in zunehmendem Masse über diese Möglichkeit bewusst. Wir wissen nicht, ob der Dollar, Euro, Yen oder das Pfund (für deren Schuldenmarkt die Uhr ebenfalls begonnen hat, zu ticken) letztendlich in die Spirale des Währungstodes gezogen werden. Wir sind nur aufmerksam, denn das ist das übliche Schicksal von Währungen, die, getrieben von politischer Berechnung, gedruckt werden. Zumindest könnte dies eine Möglichkeit sein.
Um zum Ende zu kommen, hier ist die Denkaufgabe, mit der die Chinesen derzeit zu ringen haben. Jetzt wo Sie wissen, das für das US-Schuldenprofil die Zeit langsam abläuft und es das Sechsfache der derzeit im Umlauf befindlichen Währung beträgt, müssen Sie heute etwas wählen, das Sie in acht Jahren besitzen können. Was hätten Sie lieber, ein Zehntel der US-Schatzbriefe oder seine fünffach höheren, sehr grossen Goldreserven? Zu den derzeitigen Marktpreisen haben beide ungefähr den selben Wert.
Übrigens hat die US-Regierung in den kommenden acht Jahren geplant, 8 Mrd. netto seiner eigenen Anleihen auszugeben, was einen Anstieg der Bestände um 57% bedeutet. Eine weitere Mrd. an Gold wird weltweit zutage befördert werden, was einen Anstieg der Bestände um 12% bedeutet.