Gold: In Shanghai kaufen und in London verkaufen
Vorbei ist die Zeit der Gold-Aufschläge in Shanghai. Willkommen, Gold-Aufschläge in London!
Zwölf Monate nach der ersten Rallye, die dem großen Preis-Crash von Gold und Silber folgte, kann man feststellen, dass der Einbruch im Frühjahr 2013 die weltweiten Lagerbestände von Edelmetall ordentlich durcheinandergebracht hat, schreibt Adrian Ash von BullionVault.
Im Gegensatz dazu, was Ihnen einige "Internetexperten" erzählen, lagern heutzutage chinesische Großhändler große Bestände von Edelmetall und sind somit gut vorbereitet für die Zeit, wenn die Verbrauchernachfrage wieder anzieht.
Dies ist auch in der Schweiz zu sehen, wo die von den Schweizer Veredlern verlangten Aufschläge für Kilobarren und anderen Gewichtseinheiten für den Einzelhandel gefallen sind. Seit Jahresbeginn sind diese Aufpreise gesunken, was auf ein umfangreiches Angebot deuten lässt.
Unterdessen wird auch in den US-Lagern mehr Edelmetall gehortet, vor allem wegen Chinas geringerer Einfuhr von Goldbarren. Von daher müssen Minenbetreiber und Veredler aus den Staaten ihre Produktion irgendwo anders zwischenlagern bis die Nachfrage wieder steigt.
Nur hier in London scheint, im Gegensatz dazu, das Angebot von Edelmetall etwas knapp zu sein. Allerdings nur geringfügig, und das auch nur laut der Zinssätze, welche die großen Edelmetall-handelnden Banken für das Verleihen von Gold ansetzen. Mit London als Zentrum des weltweiten Handels von physischem Gold verzeichnete Großbritannien im vergangenen Jahr jedoch Goldexporte von 1700 Tonnen seit dem 2013er Preissturz.
Dieses Metall befindet sich nun in anderen Tresoren, näher zu den Veredlern und Endverbrauchern, für die sie bestimmt sind. Mittlerweile ist China nicht nur der weltweit größte Goldproduzent, sondern außerdem der größte Goldimporteur und –verbraucher. Von daher haben die Geschehnisse im vergangenen Jahr den Goldmarkt ordentlich ins Kippen gebracht.
Anstelle eines Shanghai-Aufschlags haben wir nun Aufschläge in London, mit Preisen, die über den chinesischen liegen – und das schon seit über zwei Monaten.
Falls ein Großkunde nun Gold in London kaufen möchte – dem weltweiten Zentrum für die Lagerung sowie den Handel und Versand von Edelmetall – muss er dafür seit Ende Februar mehr zahlen als er es in China müsste.
Natürlich kann es sich dabei lediglich um eine vorübergehende Abweichung handeln. Akteure auf dem Goldmarkt haben sich daran gewöhnt, dass chinesische Großhändler mehr für ihr Edelmetall zahlen müssen. Im Grunde ist es auch wegen des Shanghai-Aufschlages, warum soviel Gold von den Londoner Tresoren nach China verschifft wurde. Importeure profitierten von dem Preisunterschied, indem sie „in London kauften und in Shanghai verkauften“.
Aber was ist, falls es sich bislang weniger um einen Shanghai-Aufschlag, sondern vielmehr um einen London-Rabatt handelte, wie Matt Turner von Macquarie scherzhaft meinte? Wie erwähnt, ist China nun der größte Goldproduzent, -verbraucher und -importeur. Dagegen ist Großbritannien lediglich ein kleiner Player. Aber die chinesischen Preise als neuen Maßstab und Benchmark zu verwenden, mag heutzutage trotzdem noch verfrüht und umstritten sein.
China ist keine Einbahnstraße für höhere Preise. Deren Großhändlern steht nun mehr Edelmetall zur Verfügung. Und immerhin haben Verbrauchermärkte tendenziell eher günstigere Preise. Und jetzt im Frühjahr 2014 ist die Goldnachfrage saisonbedingt gering, und im Land der weltweit größten Goldkonsumenten scheinen die derzeitigen Preise noch nicht auf genug Interesse zu stoßen.
So zahlt man hier in London momentan einen geringen Aufpreis gegenüber Shanghai. Das Problem ist nur, dass trotz der Kursunterschiede das Prinzip „in Shanghai kaufen und in London verkaufen“ nicht existiert. Denn chinesische Goldexporte sind bei weitem nicht so leicht verfügbar wie seine Importe, und sie sind strengen Kontrollen unterworfen. Zumindest noch.