Neue Gold-Ära für Zentralbanken
Goldpreis und Silberpreis haben in den vergangenen Tagen mächtig zugelegt. Braut sich hier etwas hinter den Kulissen zusammen?
Goldreporter nennt sechs kursrelevante Ereignisse im Zusammenhang mit der aktuellen Edelmetall-Rally.
Der Silberpreis ist allein innerhalb der vergangenen vier Handelstage um 15 Prozent gestiegen. Der Goldpreis überquerte zuletzt mit Leichtigkeit die Marke von 1.400 Dollar. Der Euro gibt von seiner Stärke gegenüber dem US-Dollar deutlich ab. Der gestrige Kurseinbruch (wir berichteten) wurde am Mittwochmorgen teilweise schon wieder aufgeholt. Was geschieht hier?
Wir haben zuletzt wiederholt auf die charttechnische Situation bei Gold, Silber und Euro/USD aufmerksam gemacht. Es gab somit eindeutige Hinweise darauf, dass Gold und Silber weiter steigen und der Euro fallen könnte. Das ist der rein spekulative Aspekt der aktuellen Marktentwicklung. Es gibt darüber hinaus aber zahlreiche Ereignisse, die zur aktuellen Kursentwicklung beitragen. Diese möchten wir kurz erläutern.
1. US-Geldpolitik
Die Ankündigungen zu QE2 durch die amerikanische Notenbank (Ankauf von US-Staatsanleihen im Volumen von 600 Milliarden = Geld drucken) ließ neues Geld in den Edelmetallmarkt fließen. Denn das Signal war deutlich: Die Fed will Inflation!
2. Terminmarkt
Wie Goldreporter berichtete, hat der Druck auf die Edelmetallpreise über die Aktivitäten der größten Player am Terminmarkt (US-Banken, vor allem JP Morgan) zuletzt nicht mehr zugenommen. In Phasen stark steigender Edelmetallpreise wurden hier in der Vergangenheit verstärkt Short-Positionen aufgebaut. Link: “US-Banken erhalten „Hilfe“ beim Gold und Silber shorten”. Ganz offensichtlich sind den Bullion Banken wegen der anhängigen Klagen (Vorwurf der Silberpreis-Manipulation) derzeit die Hände gebunden und müssen dringend Short-Positionen eindecken. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel zum gestrigen Handelsverlauf bei Gold und Silber.
3. EU-Krise 2.0
Die stark steigenden Renditen der europäischen Staatsanleihen weisen auf eine erneute Zuspitzung der Euro-Krise hin. Vor allem Griechenland, Irland und Portugal müssen immer höhere Zinsen zahlen, wenn sie sich über den Markt finanzieren wollen. Unsicherheit und gestiegene Risikoerwartungen über einen möglicherweise bald anstehenden Staatsbankrott eines EU-Staates oder zumindest über die mögliche Inanspruchnahme von EU-Rettungsgeldern spiegeln sich hier wieder. Weitere Option: Die Europäische Zentralbank kauft wie die Fed weiter massiv Staatsanleihen auf (druckt Geld). Jede dieser genannten Maßnahmen steigert potenziell den Preis für Gold und Silber.
4. Der Artikel des Weltbank-Chefs
Robert Zoellicks medienwirksame Vorschläge, Gold wieder als Anker eines Weltwährungssystems einzuführen, hat viele überrascht. Wieso kommt ein solch gewichtiger Banker jetzt mit einem solchen Vorschlag? Ist die Verzweiflung über den Goldpreis mittlerweile so groß, dass man sich das Metall nun ganz nach der Theorie des Chinesen Sunzi („Die Kunst des Krieges“) zum Verbündeten macht, wenn man ihn nicht mehr besiegen kann?
5. Insolvenz des US-Versicherers Ambac
Fast still und leise ist das ehemals zweitgrößte US-Versicherungsunternehmen Ambac pleitegegangen. Das Unternehmen war einer der weltweit bedeutendsten Anleihe-Versicherer. Ambac musste auch für faule Hypothekenpapiere geradestehen. Droht eine neue Pleitewelle im Finanzsektor? Mittlerweile wissen wir, wie stark diese Branche finanziell miteinander vernetzt ist. Wissen hier Insider bereits mehr? In jedem Fall würde ein Wiederaufflammen der Finanzmarktkrise neue Unsicherheit bringen und zusätzliche Silber- und Goldkäufe stimulieren.
6. Unsicherheiten im Euro-Bankensystem
Der Umfang der Übernachteinlagen von Banken des Euro-Systems bei der Europäischen Zentralbank ist in den letzten Tagen sprunghaft angestiegen. Von 28,14 Milliarden Euro am 1. November auf 127,7 Milliarden Euro am vergangenen Montag. Alleine am Montag stieg diese sogenannte Einlagenfazilität um 56 Prozent! Banken parken dann ihr Geld verstärkt bei der EZB anstatt mit dem Geld zu arbeiten, wenn die Unsicherheit am Markt zunimmt.
Fazit: Es gibt derzeit genügend Gründe, warum (zu Recht) immer mehr Geld in den Edelmetallmarkt fließt. Ein stark ansteigender Goldpreis kann Vorbote erneuten Ungemachs an den Finanzmärkten sein. Fragen Sie nicht, ob Gold- und Silberpreis schon zu hoch ist, um zu kaufen.