Gold News

Wandel in Indiens Gold-Kultur

Indien war über Jahrtausende hinweg der weltweit größte Goldkäufer. Aber Traditionen ändern sich

In dieser Woche endete das sogenannte Shradh, eine Zeit, in der viele Inder ihrer Ahnen gedenken und den Verstorbenen Respekt zollen. Während dieses wichtigen hinduistischen Ereignisses gilt es traditionell als „unheilvoll“, mit neuen Projekte oder Investitionen zu beginnen. 

Das Ende des Shradh hat auch eine politische Seite. So finden in dieser - auch unter dem Begriff Pitru Paksha bekannten - Zeit zwischen dem letzten Vollmond und dem nächsten Neumond beispielsweise auch keine Nominierungen für bevorstehende Wahlen statt, berichtet The Times of India.

Solche Rituale einfach als „Aberglauben“ abzutun und dagegen vorzugehen kann gefährlich sein. So wurde der Rationalist Narendra Dabholkar im Sommer 2013 ermordet, als er ein Gesetz gegen Aberglauben verabschieden wollte. Auf der anderen Seite verärgerten die Verzögerungen des indischen Wahlprozesses in diesem Sommer all diejenigen, welche die tief verwurzelte Kultur und Religion Indiens als eher hinderlich und als Ursache für Korruption betrachten.

Gold spielt in dieser Kultur eine wichtige Rolle (ebenso wie in Indiens gewaltiger Bestechungs- und Korruptions-„Kultur"). Die Hauptsaison auf dem weltweiten größten Goldverbrauchermarkt hat eben begonnen und geht bis zum Diwali-Fest Ende Oktober. Aber zahlreiche Analysten sind der Ansicht, dass sich die breitere Verfügbarkeit von Luxusartikeln langfristig nachteilig auf die indische Goldnachfrage auswirken wird und diese es schaffen könnten, was Rationalismus nicht vermochte, nämlich den Aberglauben zu überwinden. Auch bringt dies viele Finanzdienstleister dazu, ihre Produkte zu überdenken, und zwar vom Sparkonto bis hin zu Anlagefonds.

Wie aus einem Artikel von Mineweb hervorgeht, sind es vor allem jüngere Inder, die mit dieser Tradition brechen. Aber nicht in der Weise, wie es manche Leser im Westen wohl erwarten würden. Stattdessen beendeten einige junge Inder vorzeitig das Shradh, um zu den derzeit niedrigen Preisen Gold zu kaufen.

Prognosen, dass Privatpersonen in Asien ihr Gold lieber gegen Konsumgüter aus der Hightech-Branche „austauschen“, sind mindestens so alt wie der Gold-Bullenmarkt. Aber bislang haben sie sich als falsch erwiesen. Das einzige, was bisher wirklich den Appetit der Inder auf Gold zügelte, waren die von der Regierung verhängten Importbeschränkungen, um damit die gewaltige Nachfrage nach dem Preissturz in 2013 zu unterdrücken.

Indiens Goldindustrie findet Alternativen, auch wenn diese bedeuten, dass sie das Gold buchstäblich ins Land schmuggeln müssen. Auch wurden neue Möglichkeiten gefunden, um die sogenannte 80:20-Regel zu umgehen, bei der Edelmetall importiert wird, um es (angeblich) daraufhin gleich wieder auszuführen, um die hohe Versteuerung zu vermeiden. 

Plinius der Ältere sprach bereits vor rund 2000 Jahren über die Auswirkungen eines Leistungsbilanzdefizits, worauf sich viele europäische Kommentatoren beziehen, wenn sie Indien als die „Senke der Welt“ bezeichnen, in der jede vierte weltweit verkaufte Feinunze Gold landet. Kann eine Kultur, die bereits dermaßen lange existiert, tatsächlich von Flachbildfernsehern und iPhones geändert werden?

Lassen Sie uns einfach beobachten, ob sich die Nachfrage aus Indien wirklich verändert und zum Diwali-Fest in 2014 alternative Geschenke und Tempelopfer bevorzugt werden.

Adrian Ash ist Head of Research / Leiter der Forschungsabteilung bei BullionVault, der weltweit führenden Handelsplattform für physische Gold- und Silberbarren. Zuvor war er Redaktionsleiter bei Fleet Street Publications und City-Korrespondent für das Daily Reckoning. Er ist u.a. regelmäßiger Autor für Forbes und BBC. Außerdem ist seine Meinung als Goldmarkt-Experte bei renommierten Medien und Finanzdienstleistern wie der Financial Times, The Economist, Bloomberg und dem Stern gefragt.

Hinweis: Der Inhalt dieser Webseite ist dazu gedacht, den Leser zum Nachdenken über wirtschaftliche Themen und Ereignissen anzuregen. Aber nur Sie selbst können entscheiden, wie Sie Ihr Geld anlegen und tragen die alleinige Verantwortung hierfür. Informationen und Daten können zudem durch aktuelle Ereignisse bereits überholt sein und sollten durch eine zusätzliche Quelle bestätigt werden, bevor Sie investieren.

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