Über dicke Finger und holländisches Gold
„Gold schneidet vor allem dann gut ab, wenn Anleger befürchten, dass die Zentralbanken die Kontrolle über die Situation verlieren“, schreibt Matthew Turner von Macquarie in seinem jüngsten Bericht.
Also was wäre, wenn die Zentralbanken deswegen Gold gekauft hätten, weil sie selbst Angst davor hatten, die Kontrolle verlieren zu können…?
„De Nederlandsche Bank (DNB) hat zum ersten Mal seit 16 Jahren wieder Gold gekauft“, steht im holländischen De Telegraaf unter Beruf auf neue Daten vom Internationalen Währungsfonds. Laut Angaben von Reuters stiegen deren Bestände im Dezember um fast 10 Tonnen auf über 622 Tonnen.
Wirklich? Hm, das Ganze darf wohl bezweifelt werden. Die europäische Zentralbank schreibt nichts über einen 10-Tonnen-Kauf von einem seiner Mitgliedsstaaten in ihrem Bericht im Dezember. Genauso wenig gibt es eine Aussage von der DNB selbst.
Nun gut, zugegebenermaßen gilt die Niederländische Zentralbank auch nicht als besonders zuverlässig. So hat sie beispielsweise ihre Konten bereits seit 2008 nicht mehr offengelegt. Außerdem verlor sie kürzlich bei einem Rechtsstreit 4,8 Millionen Euro, nachdem sie einen niederländischen Pensionsfonds dazu gezwungen hatte, Gold zu verkaufen.
Die DNB ist die Zentralbank mit den 10-größten Goldbeständen weltweit. Die angeblich hinzugefügten 10 Tonnen ließen sich dadurch erklären, dass die vom IWF errechneten 19,61 Millionen Feinunzen Gold der niederländischen Notenbank einfach auf 20 Millionen aufgerundet wurden. So war also nur ein „dicker Finger“ für diese Falschinformation verantwortlich?
Auch auf dem Goldmarkt scheint niemand daran zu glauben, dass die Niederlande wieder Gold gekauft hat. Denn bis Mittag stand der Goldpreis recht tief.
Wäre die Geschichte wahr, würde sie zweifellos auch für mehr Schlagzeilen sorgen. Selbst die angekündigte Repatriierung von holländischem Gold aus New York sorgte Ende 2014 für mehr Aufsehen in den Medien.
Neue Goldkäufe der Niederlande würde innerhalb der Eurozone momentan einem Misstrauensvotum gleichkommen, fast so wie eine Ankündigung, die einheitliche Währungszone verlassen zu wollen oder wieder Gulden zu drucken.
Aber das ist nicht, was gerade passiert. Zumindest noch nicht.