Panik in Schwellenländern sorgt für Gold-Comeback
Der Goldpreis ist auf den höchsten Stand seit Monaten geklettert. Und das aus gutem Grund: Die Spannungen im weltweiten Finanzsystem haben merklich zugenommen. Viele Banker raten jedoch zur Vorsicht.
Die größte Goldmünze der Welt besteht aus 24 Karat Edelmetall, wiegt eine Tonne und ist fast 30 Millionen Euro wert. Seit heute wird sie in München von einem Edelmetallhändler ausgestellt, danach geht sie auf Deutschland-Tour.
Zwar ist es unwahrscheinlich, dass die in Australien geprägte Münze je zum Zahlen benutzt wird. Doch das Interesse an ihr zeigt, dass Gold wieder gefragt ist. Zum Wochenstart kletterte der Preis der Feinunze (31,1 Gramm) auf 1270 Dollar. Das ist der höchste Stand seit Mitte November. In hiesiger Währung wurde Gold für rund 926 Euro gehandelt, mehr als fünf Prozent höher als Ende 2013.
"Der Goldpreis erholt sich vom historischen Einbruch des letzten Jahres", sagt Herbert Keilhammer, Vermögensverwalter bei VermögensKultur AG. Gründe dafür gebe es reichlich. Auftrieb bekam das gelbe Metall zuletzt wegen der jüngsten Turbulenzen an den Devisenmärkten, die möglicherweise stärkere Risiken im Weltfinanzsystem andeuten.
In den vergangenen fünf Handelstagen haben einige wichtige Währungen bereits enorm an Wert verloren. Der brasilianische Real und der russische Rubel brachen um fast vier Prozent ein und die türkische Lira um fünf. Für den argentinischen Real ging es sogar um mehr als 16 Prozent nach unten. Beobachter sehen bereits die Gefahr, dass sich die Vertrauenskrise ausweiten könnte. Steigende Ausfall-Indikatoren deuteten auf eine erhöhte Pleitegefahr hin.
Tiefrote Vorzeichen an den Börsen
Auch an den Aktienbörsen waren die Vorzeichen tiefrot. Der Dax büßte auf die Woche gerechnet 3,7 Prozent ein. Der Freitag bescherte dem deutschen Leitindex den größten Tagesverlust seit fünf Monaten.
Zeitgleich mit den Turbulenzen an den Kapitalmärkten ließ der Verkaufsdruck am Markt für Papier-Gold deutlich nach. Papier-Gold, so nennen Investment-Profis Terminkontrakte und Derivate auf den Rohstoff, die allerdings anders als das Metall beliebig vermehrt werden können.
Im Jahr 2013 wurden dort die großen Verkaufsorders platziert, die zu einem Absturz des Unzenpreises führten. "Die Investoren, die dort aktiv sind, jagen lediglich den aktuellen Trends nach und sind nicht an Krisenbeständigkeit interessiert", sagt Keilhammer.
Anders die Käufer von physischem Gold: "Bei Anlagemünzen haben wir schon 2013 mit sinkendem Preis eine zunehmende Nachfrage gesehen", berichtet Ulrich Künker, geschäftsführender Gesellschafter des führenden Münz-Auktionshauses Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG in Osnabrück.
Bei Sammlermünzen sei das Geschäft zuletzt sehr stark gewesen, mit Preiszuwächsen von 10 bis 20 Prozent. Bei manchen seltenen und besonders gut erhaltenen Stücken lagen die Auktionsergebnisse nach seinen Aussagen um das Vierfache über der Schützung. Allein bei deutsche Münzen sei die Entwicklung etwas schwächer.
Anders als bei Anlagemünzen spielen bei Sammlermünzen nicht so sehr der Feingehalt, sondern Herkunft, Erhaltungsgrad und Motiv die ausschlaggebende Rolle.
Schwächstes Edelmetall-Jahr seit 1981
Ähnliches hat auch das Edelmetallhaus ProAurum beobachtet, das vor allem Anlagemünzen anbietet. "Alles in allem schauen wir mit gemischten Gefühlen auf das zurückliegende Jahr", sagt Unternehmenssprecher Benjamin Summa. Zwar habe man bei Gold wie bei Silber größere Stückzahlen verkauft als 2012. Aufgrund der gefallenen Preise sei der Umsatz in Euro gerechnet aber zurückgegangen.
Gold hatte vergangenes Jahr an den Rohstoffmärkten 28 Prozent an Wert verloren, Silber verbilligte sich sogar um 36 Prozent, wie aus Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg hervorgeht. Es war das schwächste Edelmetall-Jahr seit 1981. Dennoch hat auch Summa beobachtet, dass "die zum Teil deutlichen Korrekturen Privatkunden nicht vom Gold- und Silberkauf abgehalten haben".
Vor allem der Silberabsatz war nach seinen Angaben in den letzten vier Monaten des Jahres 2013 enorm. Das war allerdings auch einem Sondereffekt geschuldet. In Erwartung der am 1. Januar durchgeführten Mehrwertsteuererhöhung auf Münzen aus dem weißen Metall hätten viele noch einmal zum alten Steuersatz von sieben Prozent zugegriffen.
Die Frage nach physischem Gold und Silber war in den vergangenen zwölf Monaten jedoch nicht nur in Deutschland hoch, sondern rund um den Globus. Manche Münzprägestätten wie die U.S. Mint oder die australische Perth Mint berichteten von Rekordabsätzen in einzelnen Monaten.
Angstmetall in ruhigen Zeiten kaum gefragt
Optimisten verweisen darauf, dass letztlich das physische Interesse entscheidend sei, nicht die Spiele der Spekulanten am Papiergold-Markt. "Die aktuellen Produktionskosten für Gold werden auf 1300 Dollar pro Unze veranschlagt", sagt Matthias Steinhauer von Concept Vermögensmanagement. Auf Dauer könne der Preis nicht darunter bleiben. Er rechnet schon für 2014 mit einer Erholung.
Doch nicht alle Rohstoffexperten sind von einer Trendwende überzeugt. Das Gros der Bankanalysten rechnet wegen der erwarteten Stabilisierung der Weltkonjunktur mit weiter schwachen Preisen. Aus ihrer Sicht ist das "Angstmetall" Gold in Zeiten der Normalisierung nicht gefragt.
Noch ist der Kampf der Titanen am Goldmarkt nicht entschieden: "Letztens erlebten die Gold-Indexfonds einen der höchsten Tageszuflüsse der vergangenen fünf Jahre", sagt Jochen Hitzfeld, Rohstoffanalyst bei UniCredit. Für die Gold-Fans mag das ein ermutigendes Signal gewesen sein. Das Gesamtbild habe sich jedoch noch nicht wesentlich geändert.
Keine Erholung beim Silber
Alles in allem gehören die ETF, wie Indexfonds (Englisch: Exchange Traded Funds) auch genannt werden, weiter zu den belastenden Faktoren. In den Jahren 2009 bis 2012 hatten die Fonds, hinter denen oft Großinvestoren wie George Soros stehen, durch den Aufbau großer Positionen zu den Preistreibern am Goldmarkt gehört.
Seit dem Frühjahr 2013 haben die Spekulanten ihre Anteile aber sukzessive auf den Markt geworfen, was die Rohstoff-Notierungen unter Druck brachte und immer noch bringt.
Hitzfeld sieht den Goldpreis in diesem Jahr auf durchschnittlich 1160 Dollar zurückfallen und befindet sich damit ungefähr im Konsens der Ökonomen.
Bei Silber ist von einer kräftigen Erholung keine Rede. Das weiße Metall wurde zuletzt für etwas unter 20 Dollar gehandelt, nicht einmal halb so hoch wie noch 2011. Damals hatte der Silberpreis bei rund 49 Dollar je Unze eine Bestmarke markiert. Während Gold sich dieses Jahr bereits um fünf Prozent verteuert hat, stehen die Notierungen des weißen Metalls kaum höher als Anfang Januar.