Das allerletzte Goldfixing
Der neue sogenannte „LBMA Goldpreis“ wurde am Freitag um 10:30 Uhr mit zwei zusätzlichen Banken eingeführt…
Am Donnerstagnachmittag fand zum letzten Mal das Londoner Goldfixing statt, bei dem der Goldpreis auf 1166 USD je Feinunze festgesetzt wurde. Damit endet ein rund 100-jähriger Prozess, der seit 1919 zweimal täglich durchgeführt wurde – unterbrochen lediglich für 15 Jahre während und nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
Beim letzten nun stattgefundenen Goldfixing gab es unter den ehemals vier Teilnehmern zwei Verkäufer und zwei Käufer, die auf Grundlage ihrer Kundenaufträge den Ausgleich zwischen 145 angebotenen sogenannten Good-Delivery-Barren und der Nachfrage von 110 Barren zum Preis von 1166 USD je Feinunze fanden.
Auch beim neuen Referenzpreis des Marktes, dem LBMA Goldpreis, der seine Premiere am Freitagvormittag hatte, soll zweimal pro Tag ein Referenzpreis für Gold festgelegt werden, zu dem zu diesem Zeitpunkt am meisten Handelsaktivitäten abgewickelt werden können. Der dabei entstehende Preis gilt auch als Referenzwert für andere Transaktionen, Bestandsschätzungen und Konsumgüter wie Schmuck.
Dabei wird zwar am Kernprozess festgehalten, allerdings werden sämtliche Aufträge nun über eine Online-Plattform erteilt und sind vollständig nachvollziehbar. Zudem erfolgt eine strenge Regulierungsaufsicht durch den unabhängigen Administrator, die zur amerikanischen Terminbörse ICE gehörende Benchmark Administration (IBA).
Auch beim neuen Preisfindungsprozess beziehen sich die beteiligten Banken auf die Auftragsbücher ihrer Kunden, um die Nettonachfrage beziehungsweise das Nettoangebot herauszufinden. Dadurch wird der gesamte Markt repräsentiert, da die Aufträge der Bankkunden auch die derer Kunden und anderen professionellen Händlern enthalten. Der Preis entsteht durch das Austarieren der Angebote mit ihren Gegenangeboten. Sobald der Preis feststeht und veröffentlicht wurde, wird er zur Abwicklung der Aufträge aller Kunden genutzt, unabhängig davon, ob diese selbst beim Preisfindungsprozess teilnehmen oder nicht.
Der erste Preisvorschlag erfolgt nun nicht mehr durch den Vorsitzenden, sondern einem Algorithmus. Jedes Mitglied gibt an, ob es zu diesem Preis Netto-Käufer oder Netto-Verkäufer sein möchte oder gar kein Interesse hat (zum Beispiel weil deren eigene Auftragsbücher bereits im Gleichgewicht sind). Im Falle eines Nachfrageübergangs wird der Preis etwas angehoben, ist das Angebot größer, wird der Preis etwas gesenkt, um somit das Angebot zu reduzieren und die Nachfrage zu steigern (beziehungsweise umgekehrt).
Illegale Absprachen sollten nicht möglich sein, da die Teilnehmer nur die Aufträge ihrer eigenen Kunden kennen. Zudem ändern sich diese, da die Kunden der Banken die Preisfindung mitverfolgen und entsprechend kaufen können, was angeboten wird beziehungsweise verkaufen, wonach gefragt wird. Kunden können sich auch entscheiden, gar nicht oder zumindest nicht zum Tagespreis zu handeln, falls er sich in eine Richtung bewegt, die für sie nicht lukrativ ist.
Diese Methode verhindert mögliche Manipulationen. Denn sollte ein Mitglied wirklich den Preis in die Höhe treiben wollen, beispielsweise um sein eigenes Gold unangebracht teuer verkaufen zu können, kann er dies nur tun, indem er selbst zuvor viel kauft und damit die Nachfrage steigert – was jedoch automatisch seinen möglichen Gewinn zunichtemachen würde.
Im Bewusstsein darüber, wie wichtig der Londoner Goldmarkt für London und die ganze Welt ist, folgte das britische Finanzministerium auch den Empfehlungen der Bank of England, jegliches Fehlverhalten beim Fixing fortan als kriminelle Straftat zu ahnden, so wie dies auch beim Libor, dem Referenzzins im Interbankengeschäft, der Fall ist.
„Können wir garantieren, dass es niemals wieder zu Manipulationen kommt? Nein. Aber die Überwachung ist streng und es gibt ein Buchungskontrollverfahren und eine starke Regulierung“, erklärt der ICE-Präsident Finbarr Hutcheson gegenüber dem Wall Street Journal.
Das jetzige Verfahren setzte sich gegen vier alternative Vorschläge durch. Unter anderem einen vom Wirtschaftsdienst Thomson Reuters und der amerikanischen Wertpapierbörse CME, die seit letztem August den „LBMA Silberpreis“ verwalten. Ein anderer Vorschlag kam von der London Metal Exchange (LME), die in 2012 von der Hongkonger Börse übernommen wurde. Die LME betreibt aktuell auch die Preisfestlegung für Platin und Palladium.
Nun im Besitz der London Bullion Market Association (LBMA) soll der Goldpreis vorläufig bis zum dritten Quartal 2015 kostenlos zur Verfügung gestellt werden, bis die IBA ihre Gebührenordnung veröffentlichen wird.
Wie heute bekannt wurde, kommen bei der nun auktionsbasierten Preisbestimmung zu den vier bisher beteiligten Banken (Barclays, HSBC, Societe Generale und Scotia Mocatta) als neue Teilnehmer noch UBS und Goldman Sachs hinzu.
Im Aufsichtsgremium des LBMA Goldpreises sitzen auch Repräsentanten der Goldminenindustrie (Rob Hayes von AngloGold Ashanti und Tim Wood von Denver Gold) der Metallveredler (Grant Angwin von Johnson Matthey) und Bullionbanken (Simon Weeks von Scotia Mocatta) sowie Compliance-Spezialistin Emma Vick von der IBA und die LBMA-Geschäftsführerin Ruth Crowell.
Von Steffen Grosshauser