Sprechen Sie die Zentralbank-Sprache?
Der Goldpreis in Euro sagt, dass der Präsident der EZB seine Hauptaufgabe verfehlt...
DER FINANCIAL TIMES hat gerade Jean-Claude Trichet, der Präsident der europäischen Zentralbank, als “Person des Jahres 2007” gewählt.
OK, dann musste sich die Zeitschrift Time mit Vladimir Putin zufrieden stellen, den ehemaligen KGB-Spion der sich heutzutage im Kreml als Puppenspieler zeigt. Aber war die Liste der engeren Wahl des Financial Times wirklich so schlecht? Hätte Paris Hilton für diese Auszeichnung nicht etwas Platz in ihrer Agenda Platz machen können?
Die Hauptaufgabe Trichets als Präsident der europäischen Zentralbank sollte es sein, den 320 Millionen Bürger der Eurozone (Malta und der griechische Teil von Zypern sind an Neujahr noch dazugekommen) „Preisstabilität“ zu gewährleisten.
In anderen Worten bedeutet das, dass mit seiner 2,0%igen Inflation die Lebenshaltung von €1,00 heute nicht über €1,02 sein sollte. Aber jeder, der zu Weihnachten in Euro einkauft, hat gemerkt, dass die Lebenshaltungskosten 3,1% höher als durchschnittlich im Dezember 2006 waren – so meint die Agentur EuroStat.
Die europäische Inflation hat auch die von November übertroffen, die seit 7 Jahren nicht mehr so hoch war. Sie hat fast 14 Jahre Inflationskampf seitens der EZB und ihrer Vor-Euro-Vorläufer kaputt gemacht!
Sich um die Inflation kümmern ist Jean-Claude Trichets wichtigste Aufgabe. Aber seit dem letzten Sommer hat er sich eher um andere Sorgen gekümmert. „Eine seiner Stärken ist die Fähigkeit, Krisen zu handhaben - er geniesst das", meint Olivier Garnier, Berater des Präsidenten der EZB, als er Anfang der 90er Finanzminister war. Und Donnerwetter, Trichet hatte diesen Sommer eine Krise zu bewältigen!
Zur Entspannung in dem kleinen französischen Fischerdorf Saint-Malo erwachte Trichet eines Tages im August und wurde von der "ersten Finanzkrise begrüsst, die mit Blackberrys von dem Strand aus gefochten wurde", die vom Atlantik gekommen war. So die Financial Times.
„Als die wellenartigen Folgen des zusammenbrechenden amerikanischen Subprime-Hypothekenmarktes die globalen Finanzen schätzte, kündigte die EZB an, dass sie nachtsüber einseitige unbegrenzte Liquidität einpumpen würde: Am Schluss waren es fast €96 Milliarden ($126 Milliarden)...
Die EZB hat weiterhin den privaten europäischen Banken „unbegrenzte Liquidität“ angeboten – was bestimmt Jean-Claude Trichet geholfen hat, den Preis der Financial Times zu gewinnen. Aber war diese Geldüberflutung überhaupt nötig? Wie Trichet selber dem Europäischen Parlament am 19. Dezember mitteilte, „gab es wenige Hinweise, dass die Schwierigkeiten auf dem Finanzmarkt seit August die Dynamik des Geldes und der Kreditaggregate stark beeinflusst hätte.“
„Im Gegenteil, die Expansion der Hypotheken an Familien und nicht finanziellen Gesellschaften ist stark geblieben, was bedeuten mag, dass die Kreditversorgung nicht darunter gelitten hat.“
Kein Scherz, Jean-Claude!
Die Kontrolle der Geldversorgung sollte die eine Hälfte der Politik der EZB darstellen. Das Bedecken der Anzahl der Währungseinheiten im Umlauf war die „erste Säule“ der grossen antiinflationären Einstellung, die sie am Anfang des 3. Jahrtausend annahm.
Aber die Idee, eine Bundesbank ähnliche Disziplin zu benutzen, um eine niedrige Inflation wie in Deutschland zu erreichen, wurde schnell mit dem Anschauen von „weitgehenden wirtschaftlichen Daten“ ersetzt. Jetzt steht das anfängliche Ziel der EZB an zweiter stelle, im Vergleich zu dem, was Wolfgang Munchau von der Financial Times „die wirkliche Weltaussicht" des Wirtschaftswachstums, der Verbraucherpreise und der handelsgewichtete Wechselkurse nennt.
Das Ergebnis? Seit dem der Euro Anfang 2000 im Umlauf gekommen ist, hat das tatsächliche Geldversorgungswachstum den Sollwert um mehr als ein Drittel hinter sich gelassen. Das Ziel dieses Wachstums war nur knapp 10 Monate erhalten.
Und heutzutage wächst die Menge der sich (physisch so gut wie virtuell) im Umlauf befindenden Euro 2,5 Mal schneller als die EZB am Anfang prognostizierte, was die Eurozone zurück zu einer galoppierender Kreditinflation wie Ende der 70er bringt.
Es ist kein Wunder, dass dadurch der Goldpreis in Euro nach oben geschossen ist. Die Bürger unter Anderem von Deutschland, Frankreich und Italien sahen den Goldmarkt die €600 pro Unze erreichen, als Monsieur Trichets Jahr 2007 zu Ende war.
Wird seine Politik bei der EZB 2008 die Inflation in Grenzen halten - und den boomenden Goldpreis anhalten? Hier bei BullionVault glauben wir, dass es leichter ist, ein brennendes Haus mit Kerosin abzuspritzen und dabei die Möbel zu retten.
"Es gibt die Gefahr einer zweiten Runde von Folgen, die die Inflation durch Schlagzeilen und Nachrichten nach oben treiben", sagte diese Woche die Financial Times Person des Jahres der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Vielleicht dachte er an die wachsenden Verdienstansprüche in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien diesen Monat. Berthold Huber, Chef der Gewerkschaft IG Metall, hat seinen Mitgliedern schon „ein Mega-Jahr“ für Verdienste versprochen, angefangen mit einem Zuwachs von 8% in der Stahlindustrie.
Zusammengefasst, „gibt es keinen Platz für Selbstgefälligkeit [über Inflation], erklärte Trichet, ein ehemaliger Mitglied der sozialistischen Einheitspartei Frankreichs, seinem Publikum in Basel. Aber was, wenn nicht Selbstgefälligkeit, könnte die wachsenden Geldexpansion in den Vereinigten Staaten, Grossbritannien und China erklären?
„Die Armen leiden am meisten unter der Inflation“, sagte Trichet letztes Jahr in einem Gespräch. Die arme Mittelschicht verliert auch dabei, vor allem Rentner ohne Inflationsanpassung. Aber Hochverdienende – angefangen mit den Chefs in Frankfurt und La Defense – können sich um sich selber kümmern. Um so mehr mit einer Überschwemmung von Geldern der Zentralbank, die ihnen dabei helfen!
Mit all dem, was er zur Verteidigung des Wertes von Gold gemacht hat, kann Trichet als „Person des Jahres 2007“ als eine seltsame Wahl gesehen werden. Doch in dem er die Wucht der Inflation zur Seite gestanden ist, obwohl er stark das Gegenteil behauptet, stellt er den Geist unseres Finanzzeitalters noch besser als Ben Bernanke der US-Zentralbank dar.
Jean-Claude Trichet, wir begrüssen Sie. Echt, Sie sind jetzt der Man!