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Nazi-Goldschatz, den zuerst kein Mensch haben wollte

Ein Hobby-Sondengänger findet 217 Münzen unter einer Kiefer am Stadtrand von Lüneburg. 45.000 Euro Materialwert, in zwei Sackbeutel der Reichsbank gefüllt. Jetzt werden Zeitzeugen gesucht.

Eigentlich sollte Florian Bautsch die sonderbare Bodenmulde am Stadtrand von Lüneburg untersuchen, weil Archäologen dort einen Grabhügel vermuteten. Doch der 31-Jährige fand kein Grab, sondern einen Goldschatz. Bautsch arbeitet im Alltag als Kaufmann, in seiner Freizeit läuft er mit einem Metalldetektor über Feld und Flur. Und hat im vergangenen Herbst den Fund seines bisherigen Sucherlebens gemacht. 217 Goldmünzen, 1400 Gramm Gewicht, 45.000 Euro Materialwert, in zwei Sackbeutel der Reichsbank gefüllt und mit Plomben verschlossen: Niedersachsens Archäologen jubeln über den bedeutendsten Fund aus der NS-Zeit in Norddeutschland. Das Geld stammt vermutlich aus Raub oder Diebstahl – doch das wissen die Forscher zurzeit noch nicht.

Florian Bautsch trägt einen Drei-Tage-Bart und ein graues T-Shirt, der junge Mann empfindet seine Rolle an diesem Vormittag als wesentlich weniger wichtig als die der Archäologen dort vorne am Konferenztisch des Museums Lüneburg. Es war der 27. Oktober 2014, als der junge Hobby-Sondengänger mit seinem Handy ein Foto der ersten Goldmünze an die Lüneburger Archäologen Professor Edgar Ring und Dr. Jan Joost Assendorp schickte. Neun Monate später präsentieren die Wissenschaftler ihre ersten Ergebnisse – und Florian Bautsch hört im Publikum zu.

Plomben sind ab 1940 hergestellt worden

Zwei Plomben aus einer Aluminiumlegierung haben die Forscher auf die entscheidende Spur gebracht: Sie tragen den Reichsadler mit Hakenkreuz und zeigen die Prägung "Reichbank Berlin 244". Im Labor haben Wissenschaftler herausgefunden: Die Plomben sind ab 1940 hergestellt worden. Schützen sollte die Säcke Teerpappe, von denen die Archäologen ebenfalls Reste gefunden haben – laut Labor ist das Material vor 1950 hergestellt worden. Von den Beuteln selbst haben lediglich einzelne Fasern die 70 Jahre in der Erde überstanden.

Die Münzen stammen aus der Zeit zwischen 1831 und 1910, die meisten kommen aus Belgien und Frankreich. Sie dienen als Geldanlage, damals wie heute. Weil das Geld der Reichsbank gehörte, vermuten die Forscher, dass die Säcke erst nach Ende des Krieges vergraben worden und wahrscheinlich die Beute einer Straftat sind. Alle anderen Fragen, wer die Münzen unter der Kiefer am Rande der Stadt verbuddelt hat und wann genau, woher er oder sie die Säcke voller ausländischer Goldstücke hatte – sind noch unbeantwortet. Die Wissenschaftler hoffen jetzt auf Zeit- und Hörensagenzeugen. "Wir wollen wissen, woher das Geld kam, wer es dort vergraben hat und warum", sagte Museumsleiterin Dr. Heike Düselder.

Lüneburger Fund einer der wichtigsten aus der NS-Zeit

Das Reichsbankgold aus Lüneburg zählt zu den wichtigsten Funden aus der NS-Zeit überhaupt. "Es handelt sich um den größten Schatz dieser Epoche in Norddeutschland", sagte Landesarchäologe Dr. Henning Haßmann. Etwas Vergleichbares gebe es nur im Süden der Republik. "Mit der Größe eines Fundes meinen wir allerdings niemals den Geldwert."

Doch dieses Gold aus Lüneburg ist nicht nur viel Geld wert, sondern auch wertvoll für die Wissenschaft. "Wir sind sehr gespannt darauf, welche Informationen wir noch bekommen werden, damit wir die Umstände dieses Fundes klären können", sagte Professor Edgar Ring vom Museum Lüneburg. Gerade erst vier Monate geöffnet, kann das neue Haus nun eine Sensation von überregionaler Bedeutung präsentieren.

Eigentümer gesucht

Dabei wollte zunächst niemand den Schatz haben: "Gemäß deutschem Fundrecht hat das Landesamt für Denkmalpflege die 217 Goldmünzen zunächst ordnungsgemäß beim Lüneburger Bürgeramt als Fundsache angemeldet – in der Hoffnung, der Eigentümer würde sich melden ", so der Justiziar Arnd Hüneke. Es meldete sich aber niemand. Als nächstes fragte das Amt beim deutschen Staat nach: dem Bundesfinanzministerium. Auch dort: kein Interesse.

Nur das Land Niedersachsen wollte die goldenen Münzen haben. Es zahlte 2.500 Euro Finderlohn an Florian Bautsch und ist nun Eigentümer, solange sich kein anderer meldet, der einen Eigentumsnachweis an zwei Säcken der Deutschen Reichsbank aus den 1940er-Jahren vorzeigen kann. Zunächst einmalig zu sehen ist der Goldschatz am kommenden Sonntag, 19. Juli, im Museum Lüneburg. Danach entscheiden die Kuratoren, wie sie die Münzen in die Dauerausstellung integrieren können.

Die Welt ist eine deutsche überregionale Tageszeitung der Axel Springer SE.

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