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Finger weg vom deutschen Gold!

Wieviel Vertrauen haben Eurozonen-Mitglieder eigentlich in die Europäische Union? Schauen Sie mal, was sie mit Gold machen...

"Das darf doch nicht wahr sein! Pleite-Staaten sollen notfalls auch noch unser Gold kriegen", heisst es heute in der Bild-Zeitung, schreibt Adrian Ash von BullionVault

Und weiter: "Sollte es zu einer Ausweitung des deutschen Haftungsrisikos am Euro-Rettungsschirm kommen, dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Gold der Deutschen Bundesbank im Schuldenfeuer dahinschmilzt!". 

Nicht so schnell, Eurokraten. CSU-Euro-Rebell Gauweiler sagt: "Unsere Goldreserven, von denen übrigens nur die Hälfte noch in Deutschland lagern, sind sakrosankt! Wer weiß, wie dringend wir unseren Goldschatz noch brauchen!". Und der Brüssler FDP-Haushaltsexperte Heinz-Peter Haustein: "Unser Bundesbank-Gold ist absolut tabu!"

Die Bild-Zeitung liebt Provokation, doch könnte da etwa was dran sein? Könnten die Eurozonen-Staatsoberhäupter, die in Brüssel versammelt sind, um die Einheitswährung zu retten, tatsächlich daran denken, die zweitgrössten nationalen Goldreserven der Welt - ganze 3,401 Tonnen - anzugreifen, um Bargeld zu bekommen, wenn die Europäische Zentralbank nicht weitere Scheine druckt?

In einem Wort: NEIN. Die Bedingungen des Eurovertrages lassen dies rechtlich nicht zu. Und Deutschlands Reserven, die am Mittwoch beim Londoner Gold Fix am Nachmittag einen Wert von €135 Mrd. hatten, betragen kaum die Hälfte von Griechenlands ausstehenden Schulden. Das Familiensilber verkaufen, das würde mal wieder die letzte ultimative Krise - eine echte Götterdämmerung - signalisieren. Nationale Zentralbanken können ihre Reserven nicht benutzen, um die Löcher in den Haushaltsdefiziten ihrer Regierungen zu stopfen (wie die Italienische Bank und EZB Sivio Berlusconi 2009 erinnern musste), geschweige denn die Schulden von anderen Regierungen.

Doch noch wichtiger ist, dass die Verpfändung des Goldes eines Staates (und auch noch des reichsten Mitgliedsstaates), um Bargeld für einen anderen Staat aufzubringen, ein eindeutiger Beweis wäre, dass man absolutes Vertrauen in die Rettung der Einheitswährung hat. Und das scheint bisher niemand zu haben. 

Das heisst nicht, dass sie nicht sollten. Immerhin halten Zentralbanken der Eurozone 61% ihrer Reserven in Gold. Sie haben also ein gemessenes "Übergewicht an Gold" wie GFMS Chairman Philip Klapwijk es 2010 ausdrückte, genauso wie die eigentlichen Käufer (oder Bargeld-Verleiher), die asiatischen Zentralbanken, im Durchschnitt mit nur 3% ein "Untergewicht" an Gold haben im Vergleich zu ihren grossen Mengen an Fremdwährungsreserven. Man kann auch nicht sagen, sie könnten nicht. Britische Kanzler brachten die Bank of England dazu, ihre Satzung von 1844 in den folgenden 20 Jahren dreimal zu brechen, wie es Berkeley Professor Brad DeLong schreibt, indem sie mehr Geld druckten, als es das Gesetz erlaubte bei "ausserordentlichen und unvorhergesehenen Notfällen". 

Auch kann man nicht sagen, das es kein Beispiel dafür gebe. Rund 346 Tonnen Gold wurden gerade erst letztes Jahr von zehn Banken in Europa als Pfand benutzt, um Dollar-Kredite bei der Zentralbank der Zentralbanken, der Bank for International Settlements zu bekommen, was von der BIS als "normale Geschäftsaktivität" bezeichtet wurde. Rumänien nutzte 1974 Gold als Pfand, um Fremdwährungskredite zu sichern, wie es Dr. K. Lakshmi von der Saudi Universität ausführt, nachdem es nach der ersten Ölkrise Probleme mit der Zahlungsbilanz hatte. Italien tat im gleichen Jahr das Gleiche, als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl zusammen mit Bundesbankpräsident Karl Klasen $2 Mrd. an Rom verlieh, ohne vorher das Entscheidungsgremium der unabhängigen westdeutschen Zentralbank zu benachrichtigen.

Ähnlich nutzte Indien seine Goldreserven, um seine Fremdwährungsreserven aufzustocken, nachdem es 1991 in eine Zahlungsbilanzkrise geriet (auch entfacht durch einen Ölpreisschock nach dem ersten Golfkrieg), 20 Tonnen über die UBS in der Schweiz und 40 Tonnen über die Bank of England, um sich die Unterstützung der IMF zu sichern. Die gleiche Unterstützung gab es dann zurück, lange nachdem es die Kredite zurückgezahlt hatte, indem es 200 Tonnen IMF-Gold kaufte, um dem Washingtoner-Geldverleiher 2009 bei dessen eigener maroder Bilanzierung auszuhelfen.

Festzuhalten ist aber, dass all diese Staaten sehr verzweifelt waren und auch, dass sie komplett allein gestellt waren und nicht Teil einer Währungsunion, die angeblich auf gegenseitigem Respekt und Unterstützung aufgebaut ist. Weiterhin festzuhalten ist auch, dass die aufgenommenen Kredite für die Fremdwährungsreserven der nationalen Zentralbanken dienten, die sich erschöpft hatten, bei dem Versuch, die eigene Währung auf den Devisenmärkten zu schützen, und nicht, um Schulden zu zahlen. Die massiven Goldverkäufe in Europa in den späten 90er und frühen 2000er Jahren taten dasselbe, man tauschte Gold für die Schulden anderer Regierungen, aber nicht, um Ausgaben zu finanzieren. Selbst bei dem wirtschaftlichen Einbruch in Russland Mitte 1998 gab es nur Gerüchte über direkte Goldverkäufe. Die Daten zeigten lediglich einen Tausch - von Gold zu Bargeld, das zur gegebenen Zeit wieder zurückgetauscht werden würde -, und es war viel weniger als die 200 Tonnen, die man sich am Londoner Goldmarkt zuflüsterte.

"Gold repräsentiert nach wie vor die ultimative Zahlungsart auf der Welt", wie es der damalige US-Fed Präsident Alan Greenspan auf einem Kongress 1999 sagte. "Es ist interessant, dass Deutschland während des Krieges Material nur mit Gold kaufen konnte. In Extremsituationen wird Papiergeld von niemandem akzeptiert, doch Gold wird immer akzeptiert und ist das ultimative Zahlungsmittel..."

Vorerst muss die Eurozone nicht auf Gold zurückgreifen, um Bargeld aufzubringen. Solch ein Vorgehen würde sich dann erst als notwendig erweisen, NACHDEM der Europakt scheitert und die Währungsunion sich auflöst. Italien weiss das. Griechenland, Portugal und Spanien auch. Und nicht zuletzt das reichste Mitglied der Währungsunion - und der zweitgrösste Goldbesitzer auf der Welt - Deutschland.

"Aber bevor auch nur ein Gramm Bundesbank-Gold verpfändet wird, müssen erst einmal Griechen, Portugiesen, Spanier, Italiener ihr Gold auf den Markt werfen.", schreibt Bild-Kommentator Einar Koch. Und wenn man sich anschaut, wie diese derzeit an ihrem Gold festhalten - für den Fall der Fälle - wird es noch lange dauern, bis die deutschen 3,401 Tonnen auf den Markt kommen. 

Vorausgesetzt natürlich, dass Berlin tatsächlich an die langfristige Rettung des Europrojekts glaubt. Und falls nicht, was hindert sie daran?

Adrian Ash ist Head of Research / Leiter der Forschungsabteilung bei BullionVault, der weltweit führenden Handelsplattform für physische Gold- und Silberbarren. Zuvor war er Redaktionsleiter bei Fleet Street Publications und City-Korrespondent für das Daily Reckoning. Er ist u.a. regelmäßiger Autor für Forbes und BBC. Außerdem ist seine Meinung als Goldmarkt-Experte bei renommierten Medien und Finanzdienstleistern wie der Financial Times, The Economist, Bloomberg und dem Stern gefragt.

Hinweis: Der Inhalt dieser Webseite ist dazu gedacht, den Leser zum Nachdenken über wirtschaftliche Themen und Ereignissen anzuregen. Aber nur Sie selbst können entscheiden, wie Sie Ihr Geld anlegen und tragen die alleinige Verantwortung hierfür. Informationen und Daten können zudem durch aktuelle Ereignisse bereits überholt sein und sollten durch eine zusätzliche Quelle bestätigt werden, bevor Sie investieren.

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