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Der neue Goldboom – Woher er kommt, wie hoch es geht

Noch nie haben Investoren so viel Gold gekauft wie im ersten Halbjahr. Ursache sind Krisen und Geldpolitik. Hinzu kommt aber ein weiterer Punkt, und der kann die Preise noch weit höher treiben.

Es erscheint wie die Neuauflage eines alten Musters: Die Notenbanken drucken Geld als Reaktion auf die weltweiten Krisen, und parallel dazu steigen sowohl die Nachfrage nach Gold als auch der Preis des Edelmetalls. So war es im Gefolge der Finanzkrise, so war es während der Euro-Krise, und so ist es auch jetzt.

Doch in einem wichtigen Punkt unterscheidet sich der aktuelle, neuerliche Gold-Boom, und das könnte entscheidend für die Frage sein, wie lange er diesmal anhält.

Wie stark die Nachfrage in den vergangenen Monaten gestiegen ist, zeigt eine aktuelle Statistik des World Gold Council, des Lobby-Verbandes der Gold-Produzenten. Demnach wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres genau 2335,5 Tonnen Gold an den Mann oder an die Frau gebracht. Das ist nicht nur deutlich mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Würde man den Trend fortschreiben, könnte in diesem Jahr sogar das absolute Rekordjahr 2011 getoppt werden, als insgesamt 4731,4 Tonnen verkauft wurden.

Rund 15 Prozent unter dem Allzeithoch

Doch damit nicht genug. Denn bei den Zuflüssen in Münzen, Barren und goldbesicherte Indexfonds (ETFs) erreichte die Nachfrage bereits einen absoluten Höchststand. Sie lag 16 Prozent höher als im ersten Halbjahr 2009, dem bisherigen Rekordzeitraum. Damals war die Finanzkrise an ihrem Höhepunkt. Vor allem die Zuflüsse in ETFs waren zuletzt dafür verantwortlich. Sie lagen im ersten Halbjahr dieses Jahres bei 580 Tonnen und damit sogar um über ein Viertel höher als während der Krise.

"Die US-Wahlen, das britische EU-Referendum, die zunehmend prekäre Lage des italienischen Bankensektors – all das war für Gold-Investoren eine wirkmächtige Kombination", schreibt der World Gold Council in seinem Kommentar zu der Entwicklung. Und die Probleme im Nahen Osten hätten das ganze noch zementiert.

Als Folge davon kauften Investoren so viel Gold wie nie zuvor. Und das wiederum trieb den Preis kräftig nach oben. Die Feinunze kostet derzeit rund 1345 Dollar oder 1210 Euro, das sind rund 25 Prozent mehr als zu Jahresbeginn. In Euro gerechnet, liegt der aktuelle Kurs sogar nur rund 15 Prozent unter dem Allzeithoch vom Herbst 2012. Das Dollar-Hoch bei rund 1900 Dollar ist dagegen noch ein ganzes Stück entfernt. Aber auch das könnte in Reichweite geraten.

"Gold als Währung der letzten Instanz"

Denn die aktuelle geopolitische Lage unterscheidet sich kaum von der im ersten Halbjahr. "Die Welt schreitet von Krise zu Krise, und wir sehen das Risiko, dass sich das nicht ändert", schreiben die Analysten der Investmentbank Bank of America/Merrill Lynch in einem Kommentar. Sie haben ihre Preisprognose daher inzwischen auf 1475 Dollar je Unze angehoben.

Der Vermögensverwalter Bert Flossbach geht sogar noch weiter: "Die sich abzeichnenden Währungsturbulenzen und die immer lockerere Notenbankpolitik dürften Gold als Währung der letzten Instanz immer stärker in das Bewusstsein breiter Anlegerkreise rücken", sagt er. "Insofern könnte sich die Befürchtung, dass der Goldpreis die historische Höchstmarke von gut 1900 Dollar pro Unze überschreiten wird, in nicht allzu ferner Zukunft bewahrheiten."

Aber es ist eben nicht nur die Notenbankpolitik, die Anleger verstört. Schließlich haben sie sich inzwischen daran gewöhnt, dass die Zinsen nahe null liegen und vielfach sogar noch darunter. Es kommt noch ein weiteres Element hinzu, und das sorgt zunehmend für Unruhe.

Politik der niedrigen Zinsen mit eher negativen Folgen

Der World Gold Council verweist in diesem Zusammenhang auf eine Auktion japanischer Staatsanleihen am 2. August. Damals wollte der Finanzminister neue Kredite mit zehnjähriger Laufzeit am Kapitalmarkt aufnehmen, doch die Bereitschaft der Investoren, ihm ihr Geld zu leihen, war so schwach wie lange nicht. Die Renditen stiegen daher merklich an.

"Viele Analysten interpretieren die schwache Nachfrage nach japanischen Staatsanleihen als ein Zeichen, dass die Investoren das Vertrauen in die Effektivität der unkonventionellen Geldpolitik verlieren", schreibt der World Gold Council dazu. All dies sei eine Folge der zunehmend verzweifelten Versuche der Zentralbanken, die Weltwirtschaft wieder in Gang zu bringen – ohne sichtbare Erfolge.

Es wäre demnach nicht mehr nur die Tatsache, dass die Notenbanken die Zinsen niedrig halten und Geld drucken, die Investoren Gold kaufen lässt. Zunehmend sind Investoren offenbar auch der Überzeugung, dass diese Politik nichts bringt und vielmehr eher negative Folgen hat. Wenn sich jedoch am Kapitalmarkt die Meinung durchsetzt, dass die Notenbanken machtlos sind, dann wäre dies eine ganz neue Form der Vertrauenskrise. Und das würde noch mehr Anleger in Gold treiben.

"Gold hat bisher immer wieder an Wert verloren"

Allerdings: Dies ist nur eine Sicht der Dinge. Andere Beobachter verweisen darauf, dass die Welt bisher eben doch nie untergegangen ist, wie es immer wieder prophezeit wurde. Und Sascha Werner von der Luxemburger Fondsplattform Moventum verweist darauf, dass Gold nach Stresssituationen dann eben doch in der Regel wieder an Wert verloren hat.

Überhaupt warnt er davor, Gold als todsicheres Investment zu betrachtet. "Auf Sicht von zehn Jahren ist die Volatilität von Gold nur unwesentlich geringer als die des Dax", sagt er. Globale Aktien schwankten sogar deutlich weniger im Wert. "Eines ist Gold daher auf keinen Fall: frei von Risiken."

Dies sollte jeder bedenken, der sich vor Anlagen in Aktien scheut, weil er sich vor deren Kursschwankungen fürchtet. Der Goldpreis schwankt mindestens genauso stark. Und für all jene, die Gold als "letzte Bastion" für den Fall einer Währungsreform kaufen, hat Werner einen weiteren Rat: "In diesem Fall ist es wichtig, Gold physisch und möglichst zu Hause zu lagern, statt auf entsprechende Finanzprodukte zu setzen."

Die Anlage in ETFs, wie sie in den vergangenen Monaten boomte, ergibt für solche Anleger dagegen wenig Sinn, selbst wenn das Investment mit physischem Gold hinterlegt ist. Denn im Fall eines Falles müsste das Gold dann erst von der Lagerstätte abgeholt werden. Und das könnte sich als schwierig erweisen.

Frank Stocker ist Redakteur für Finanz- und Wirtschaftsthemen bei "Die Welt / Welt am Sonntag".

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