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Das Edelmetall, das Krisen benötigt

Erst bei Börsentumulten werden Anleger wieder den sicheren Hafen der Edelmetalle wie Gold ansteuern, glauben Experten. Mit solchen Turbulenzen rechnen sie für 2018 – und erwarten höhere Preise über 1400 Dollar, schreibt Ingo Narat vom Handelsblatt.

Da kann sogar der Autokrat Wladimir Putin als Vorbild dienen. Gold-Fans verlassen sich inzwischen auf den russischen Präsidenten, denn die nationale Zentralbank des Landes ist der fleißigste Käufer. „Auch in diesem Jahr erwarte ich wieder rund 200 Tonnen, Putin will Gold als Währungsreserve“, sagt Ross Strachan, Analyst bei der Edelmetall-Researchfirma Thomson Reuters GFMS. Russland hat seine Goldreserven in diesem Jahrtausend vervierfacht.

Experte Strachan legte am Donnerstag die Goldmarktdaten für das dritte Quartal vor. Für die Monate Juli bis September präsentierte er moderate Zahlen. Physisch nachgefragt wurden lediglich 900 Tonnen. Das ist etwas weniger als in den Vorquartalen. Der Rückgang passt zu einem leicht fallenden Preis unter der Marke von 1300 Dollar je Unze. Das Edelmetall kostete in den vergangenen Jahren meist zwischen 1100 und 1300 Dollar.

Das muss laut Strachan nicht so bleiben. Er rechnet im kommenden Jahr mit Preisen von über 1400 Dollar in der Spitze. „Ich setze auf die geopolitischen Krisen und die Rekordhochs an vielen Aktienmärkten“, meint der Mann aus London. Seiner Meinung nach wird Gold als Versicherung bei politischen Beben oder Tumulten an den Börsen wieder stärker gefragt sein – so wie es in den vergangenen Monaten mehrfach der Fall war. Zum Thema Finanzmarkt ergänzt er: „Nur zwei Mal in den vergangenen 100 Jahren waren die Aktienmärkte teurer als heute – und jedes Mal folgten Einbrüche.“

Zuletzt litt der Goldpreis auch unter den Erwartungen weiterer Zinserhöhungen in den USA. Höhere Zinsen bedeuten attraktivere Anleihen. Gold ist dann nur noch Alternativanlage. Aus dieser Perspektive scheint die Aussicht für Edelmetalle trübe. Doch Strachan hat das in seiner Prognose berücksichtigt: „Die nächste Zinserhöhung im Dezember gilt zwar als sicher, doch die ist im aktuellen Goldpreis enthalten, kann also nicht mehr belasten.“

Ganz ähnlich denkt Ronald-Peter Stöferle, Partner bei der liechtensteinischen Vermögensverwaltung Incrementum. Er sieht das Metall momentan ebenfalls noch durch die gut laufenden Börsen belastet. Solange die Kurse steigen, kaufen Anleger lieber Aktien. Doch Stöferle rechnet mit einer Entwicklung, die praktisch kein Ökonom auf der Rechnung hat: „Gold wird dann an Fahrt aufnehmen, wenn die Rezessionserwartungen steigen, was bald der Fall sein wird.“ Dann müsste die US-Notenbank ihre Geldpolitik vollkommen umkehren. Es wäre das Ende der Zinserhöhungen.

Über die Geldpolitik und ihre Folgen wollen einige Gold-Fans den Bogen weiter spannen. Goldminen-Experte John Hathaway von Toqueville Asset Management erinnert daran, dass Gold in diesem Jahrtausend einen höheren Ertrag geliefert habe als Aktien und Anleihen. Für ihn eine Konsequenz der radikalen geldpolitischen Experimente. „Das verstehen viele Investoren nicht, deshalb besitzen die westlichen Investoren kaum Gold“, sagt der Mann aus den USA. Das werde sich jedoch ändern.

An solche Überlegungen knüpft Rohstoffexperte Markus Bachmann an, Gründer des Vermögensverwalters Craton Capital. Den Preisrückgang der Jahre 2011 bis 2015 betrachtet er als Korrektur, die nun abgeschlossen sei. Damals war der Preis von 1800 Dollar fast unter die 1000-Dollar-Marke gerutscht. „Wir sind schon im Übergang zum neuen Anstieg“, sagt Bachmann. Er rechnet mit einer Wiederholung des Aufschwungs im ersten Jahrzehnt des Jahrtausends – auch im relativen Ausmaß. Zur Erinnerung: Die Hausse startete damals bei rund 250 Dollar.

Langfristige Überlegungen sind im Finanzgeschäft eher unüblich, das meist von kurzfristigen Wertentwicklungen dominiert ist. Stöferle erinnert an die letzte große Goldhausse in den siebziger Jahren. Auch die sei von einer größeren Korrektur unterbrochen worden. Falls man solchen geschichtlichen Rückgriffen ernsthaft folgt, dann würde sich der Preis auf jeden Fall noch einmal vervielfachen.

Das mutet aus heutiger Sicht zwar utopisch an. Doch zumindest die Deutschen waren immer goldaffin. Und sie schreiben gerade ein neues Kapitel dieser Geschichte. Goldfonds sind hierzulande so populär geworden wie wohl in keinem anderen westlichen Land. Anleger können diese Fonds wie ein Wertpapier kaufen, der Fonds seinerseits hinterlegt den Kaufbetrag in Goldbarren. „Xetra-Gold“ ist das größte Produkt dieser Art in Deutschland. Der Bestand ist in den vergangenen Jahren um das Vierfache auf jetzt 173 Tonnen gestiegen. „Da kaufen vor allem institutionelle Investoren“, sagt Strachan.

Dieser Blickwinkel verleiht dem deutsch-russischen Verhältnis eine besondere Note: Beim Thema Gold sind sich die beiden Nationen schon nahe.

Das Handelsblatt ist eine täglich erscheinende Wirtschafts- und Finanzzeitung in deutscher Sprache.

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