Das Comeback der Goldminen
Der Goldpreis ist dieses Jahr beeindruckend gestiegen. Davon profitieren auch die Aktien großer Minen. Kann man als Anleger noch einsteigen, fragen sich Norbert Kuls und Christian Siedenbiedel von der FAZ.
Wenn der Goldrausch ausbricht, soll man Schaufeln oder Siebe verkaufen, sagt eine alte Geschäftsweisheit. Heißt das analog, es ist für Anleger klug, jetzt in Aktien von Goldförderern zu investieren? Schließlich ist der Goldpreis seit Jahresbeginn um 18 Prozent gestiegen, mehr als fast alle anderen Anlagen. Kein Wunder, dass auch Minenaktien eine eindrucksvolle Aufwärtsbewegung vorweisen können. „Die Kurse der großen Goldminenunternehmen haben deutlich zugelegt“, sagt Christian Gombert, Analyst beim Bankhaus Hauck & Aufhäuser. Die wichtigste Minenaktie Barrick aus Kanada kann ein Plus von 77 Prozent vorweisen, der amerikanische Konkurrent Newmont 45 Prozent und Sibanye aus Südafrika sogar 136 Prozent. Der Branchenindex Arca Gold Bugs, von Börsianern auch „Hui“-Index genannt, hat um stolze 52 Prozent zugelegt.
Der wichtigste Grund ist das Comeback des Goldes selbst. „Außerdem haben Goldförderer außerhalb des Währungsraumes des amerikanischen Dollars Erträge in Dollar, Kosten aber häufig in der Landeswährung. Sie profitieren also von einem stärkeren Dollar“, sagt Gombert. Er meint, zumindest wenn es bei den Goldminenaktien bald einen Rücksetzer gebe, könnte das eine Kaufgelegenheit sein.
Besser in Großkonzerne investieren
Andere Anlagefachleute, wie Ulrich Stephan von der Deutschen Bank, verweisen eher auf die Risiken: Erstens seien die Unternehmensbewertungen inzwischen auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von mehr als 30 gestiegen. Damit seien die Aktien teuer. Zweitens seien diese Unternehmen hochspezialisiert und wenig diversifiziert – darum schwankten ihre Titel deutlich stärker als der Goldpreis selbst.
Letztlich hänge alles davon ab, wie sich der Goldpreis in Zukunft entwickelt, meint Ingo Schmidt, Analyst der Haspa. Die Korrelation ist hoch, in beide Richtungen. Doch es gibt auch andere Risiken für Goldminenaktien, wie politische Probleme in Förderländern, Managementfehler sowie technische Risiken: „Der Feind jeder Mine ist das Wasser“, sagte Gombert. Für Anleger aus Deutschland, die in kanadische, amerikanische, südafrikanische oder australische Minenaktien investieren, kommt ein Währungsrisiko hinzu.
Wenn man in Goldminenaktien investieren will, dann lieber in die großen Konzerne – weil die mehr Minen haben und damit weniger abhängig von einer sind, raten die Fachleute. Größter Goldförderer der Welt ist Barrick Gold mit Sitz in Toronto – in diesem Jahr einer der Lieblinge der Börsianer. Der Aktienkurs ist seit Anfang Januar immerhin um fast 80 Prozent in die Höhe geschnellt. Der Status als „sicherer Hafen“ erklärt den Höhenflug nicht vollständig. Die Kurse der nächstgrößten amerikanischen Konkurrenten stiegen schließlich weniger. Barrick profitiert nicht nur von der Verteuerung des Rohstoffs, sondern vor allem von den Umstrukturierungen, die der vor vier Jahren ins Unternehmen geholte Spitzenmanager John Thornton auf den Weg gebracht hat – beispielsweise dem starken Abbau von Schulden.
Thornton sanierte Barrick Gold
Thornton, einst aussichtsreicher Kandidat für den Vorstandsvorsitz der Investmentbank Goldman Sachs, ist im Rang des Executive Chairman unumstritten der starke Mann bei Barrick Gold. Zwar kommt er nicht aus der Bergbaubranche, aber seine Karriere bei der führenden Wall-Street-Bank dürfte ihn für die Befindlichkeiten der Börse sensibilisiert haben. Thornton hatte Goldman im Jahr 2003 nach mehr als zwanzig Jahren verlassen, weil sich abzeichnete, dass der damalige Vorstandsvorsitzende und spätere Finanzminister Henry Paulson keine Rücktrittspläne hegte. Thornton bringt noch eine weitere Expertise mit, die sich in der Rohstoffbranche gut macht. Er ist ein intimer Kenner des Großimporteurs China. Thornton leitete in den späten neunziger Jahren das Asien-Geschäft von Goldman und wurde nach dem Abschied von der Bank Professor an der Tsinghua Universität in Peking.
Auf Thornton lasten entsprechend hohe Erwartungen. „Ich suchte auf der ganzen Welt nach einem Nachfolger“, sagte der jetzt 88 Jahre alte Unternehmensgründer Peter Munk im April 2013. Thornton, der Barrick seit zwei Jahren allein führt, soll das Unternehmen als global agierenden Konzern auf ein „neues Niveau“ führen. Bei seinem Antritt befand sich Barrick nach den Worten von Thornton allerdings auf der „Intensivstation“. Das Unternehmen war hochverschuldet, musste Fehlinvestitionen wie die Übernahme eines Kupferminenbetreibers abschreiben und hatte mehrfach die Führung ausgetauscht. An der Börse war Barrick damals weniger wert als Goldcorp, obwohl der Konzern mehr als doppelt so viel Gold produzierte.
Minenkonzerne hängen traditionell vom Preis ihres Rohstoffs ab. Thornton will Barrick aber vom Goldpreis „unabhängig“ machen. „Unser Ziel ist es, unter allen Umständen Geld zu verdienen“, sagt er. Die Kosten sollen so stark gedrückt werden, dass Barrick immer noch genug Geld verdient, um eine Dividende zu zahlen, selbst wenn der Goldpreis fällt. Die vierteljährlich ausgeschüttete Dividende wurde von 20 Cent im Jahr 2013 auf zuletzt 2 Cent reduziert. Mit einer Erhöhung ist vorerst nicht zu rechnen. „Priorität hat die Reduzierung von Schulden. Solange wir finanziell nicht in einer besseren Lage sind, fassen wir die Dividende nicht an“, sagt Thornton. Die Preismodelle des Unternehmens seien konservativer als die der größten Konkurrenten Goldcorp und Newmont Mining, erläuterte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. Langfristig geht Barrick von Goldpreisen um 1200 Dollar je Feinunze aus. Für dieses Jahr kalkuliert der Konzern mit 1000 Dollar. Aktuell notiert das Edelmetall um 1235 Dollar.
Gehalt sorgte für Kontroversen
Der Puffer in der Kalkulation könnte sich für Thornton auszahlen. Analysten seines ehemaligen Arbeitgebers Goldman Sachs glauben nämlich, dass der Preis des Edelmetalls wieder fallen wird, wenn die amerikanische Wirtschaft stärker wächst. Die „Goldmänner“ rechnen daher kurzfristig mit einem Rückgang des Goldpreises auf 1100 Dollar. Der Abbau von Schulden reduziert den Aufwand für Zinszahlungen. Um die Schulden zu minimieren, hat Barrick Kosten und Arbeitsplätze gekürzt und sich von Teilen des Geschäfts getrennt. Die Strategie zahlt sich aus. Barrick meldete trotz eines um 10 Prozent gefallenen Goldpreises im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit vier Jahren einen positiven Barmittelzufluss – 471 Millionen Dollar. Barrick, denen die größte amerikanischen Kupfermine „Goldstrike“ im Bundesstaat Nevada gehört, produzierte im vergangenen Jahr 6,12 Millionen Feinunzen bei dauerhaften Produktionskosten von 831 Dollar je Feinunze.
Für 2016 avisiert das Unternehmen angesichts des Verkaufs verschiedener Sparten 5 bis 5,5 Millionen Feinunzen bei niedrigeren Kosten zwischen 775 und 825 Dollar. Die Kosten für die Produktion sollen nach internen Schätzungen bis 2019 auf weniger als 700 Dollar fallen. Als ehemaliger Investmentbanker hat Thornton auch einen Sinn für Fusionen und Übernahmen. Thornton hält die Wahrscheinlichkeit von Übernahmen trotz der gestärkten Finanzlage von Barrick Gold derzeit aber für gering. Vor zwei Jahren hatte Barrick versucht, Newmont Mining zu übernehmen. Die Fusionspläne scheiterten allerdings. China spielt angesichts der Kontakte von Thornton auch eine wichtige Rolle. Barrick kooperiert mit einem staatlichen Goldproduzenten und hat einen ehemaligen amerikanischen Diplomaten angeheuert, um die Interessen des Konzerns zu vertreten.
Thornton sorgte auch für Kontroversen. Sein Gehalt von knapp 13 Millionen Dollar im Jahr 2014 wurde von fast drei Vierteln der Aktionäre in einer – allerdings nicht bindenden – Abstimmung abgelehnt. Schon sein Antrittsbonus von 12 Millionen Dollar war unter Beschuss geraten. Thornton deutete an, dass das Unternehmen darauf reagieren will, machte aber keine näheren Angaben. In jedem Fall profitierte Thornton vom steigenden Aktienkurs. Und er rechnet mit weiteren Aufschlägen. „Ich bin immer noch Käufer“, sagte er Ende Februar. Scheint also, als ob weiter alles glänzt, was Gold ist.