Vollkommen angemessen
Die US-Wirtschaft bekommt also auch weiterhin lebenserhaltende Maßnahmen und ist auch auf diese angewiesen, wie die wichtigste Zentralbank der Welt - die Federal Reserve – zu verstehen gibt.
„Der Ausschuss rechnet damit, dass mit einer angemessenen Anpassung der Geldpolitik die Wirtschaftsaktivität in einem gemäßigten Tempo wachsen wird“, verkündete die Fed am Mittwoch nach insgesamt sieben Jahren der faktischen Nullzinsen.
Und wie sieht es ohne diese „angemessene Anpassung der Geldpolitik“ aus?
Obwohl die Entscheidung, erst einmal nichts zu verändern, kaum überraschend kam, stürzte im Anschluss der Goldpreis von seinem Zweiwochenhoch stark ab und stand am Donnerstagnachmittag nur noch auf 1153 USD je Feinunze. Silber fiel ebenfalls und erreichte mit 15,80 USD ungefähr das Niveau der vergangenen Woche, nachdem es kurz davor mit 16,36 USD den höchsten Stand seit vier Monaten erreicht hatte.
Wie kam es dazu? Nun, sogenannte Experten und Überschriftenredakteure sehen den Grund in einem „deutlichen Hinweis“ in der Erklärung der Fed, dass diese letztendlich im Dezember die Zinsen anheben wird. Na klar!
Und das, obwohl gestern offensichtlich nur eines der zehn Mitglieder für eine Zinsanhebung stimmte. Vermutlich muss sich das besagte Mitglied, Jeffrey Lacker, momentan sehr einsam fühlen. Denn trotz der harten Töne, die sie gerne anschlagen, sind seine Kollegen, die angeblichen Hardliner, alles andere als Hawks (Falken), wenn es darauf ankommt.
„Die Fed setzt die Zinserhöhung fest auf die Tagesordnung im Dezember“, behauptet auch Reuters. Laut der Wetten auf dem Terminmarkt stehen die Chancen auf eine Zinsanhebung vor Weihnachten nun bei 45%.
Und wieder muss man sich fragen warum. Um festzustellen, ob es „angemessen“ sei, bei der nächsten Sitzung ihre Geldpolitik anzupassen, wird der Ausschuss „die Fortschritte evaluieren – sowohl die realisierten als auch die zu erwarteten – um ihre Ziele der bestmöglichen Beschäftigungsrate sowie der 2-prozentigen Inflation zu erreichen“, fügt ein Sprecher der US-Notenbank erklärend hinzu.
Beim Lesen dieser Erklärung muss ich mich allerdings fragen, was hier genau darauf hinweisen soll, dass die Fed nun stärker als in den letzten sieben Jahren dazu geneigt sein soll, den Leitzins zu erhöhen. Und die Tatsache, dass neun der zehn Mitglieder dagegen stimmten, kann sicherlich auch nicht als Indiz für eine baldige Anhebung angesehen werden.
Aber vielleicht liege ich mit meiner Interpretation ja auch daneben und die anderen Mitglieder der US-Notenbank werden plötzlich ihre Meinung ändern und sich Lacker anschließen, wenn sie sich im Dezember wieder treffen.
Vielleicht werden daraufhin die Goldpreise drastisch fallen, während die Aktienmärkte und die Risikobereitschaft der Anleger aufgrund der „angemessenen“ Anpassung der Geldpolitik in die Höhe schießen. Und vielleicht erwarten Sparern von Bargeld in wenigen Monaten ja auch wieder reale positive Rendite – und zwar oberhalb der Inflationsrate.
Nun ja, vielleicht.