Photovoltaik und ihre Auswirkung auf die Silbernachfrage
Inwieweit Solarzellen Auswirkungen auf den Silberpreis hatten – und inwieweit nicht…
Die Photovoltaik-Industrie machte sich lange auf keinem Chart bemerkbar, der sich mit der Nachfrage nach Silber beschäftigte. Dies änderte sich im Jahr 2000, als sie rund 1 Million Feinunzen verbrauchte.
Auch diese 31 Tonnen waren damals kaum auf der Graphik zu sehen. Im Vergleich zur Elektronik, dem kleinsten der großen Verbraucher jener Zeit, war dies nicht einmal ein Zehntel von deren Verbrauch.
Kaum jemand rechnete damit, dass die Solarzellen-Industrie in den folgenden Jahren zu einem wichtigen Akteur auf dem Silbermarkt werden würde. Tatsächlich war es auch erst in 2008, dass die Industrie an Bedeutung gewann, indem sie beinahe 19 Mio. Feinunzen (590 Tonnen) verbrauchte. Laut Daten der CPM Group in New York betrug diese Menge dennoch gerade einmal 2,5% der gesamten Nachfrage.
Aber was dies alles änderte, waren die Regierungen damals. Aufgrund neuer Gesetze wurde von vielen souveränen Staaten die Entwicklung von Solarenergie vorangetrieben und subventioniert. Deutschland hatte hierbei eine Vorreiterrolle und war zunächst auch der größte Verbraucher. Aber auch zahlreiche andere europäische Staaten folgten mit der gleichen Absicht. Und als dann auch noch in Washington beschlossen wurde, Energie-Erzeugern in den USA Subventionen zuzusichern, bekam dieser Industriezweig einen höheren Stellenwert für den Silberverbrauch.
In einigen Ländern wurde aus der Photovoltaik-Industrie auch ein wichtiger Wirtschaftssektor. Aber viele davon litten unter der Wirtschaftskrise, die nun bereits vor fünf Jahren einsetze. Vor allem Spanien erlitt enorme wirtschaftliche Verluste in diesem Bereich, als der Staat die Subventionierungen einstellte. Dies stellte Entwickler und Unternehmen, die sich mit Solarenergie beschäftigten, vor große Probleme.
Allerdings geschah dies ungefähr zeitgleich mit der Unterstützung, welche die US-Regierung amerikanischen Unternehmen anbot. Von daher hatten Unternehmen, die Solarzellen produzierten oder verkauften, letztendlich gute Karten, Gewinne zu erzielen, da nun auch die größte Volkswirtschaft der Welt dahinter stand. Zu dieser Zeit stieg die Nachfrage nach Silber, das für die Herstellung der photovoltaischen Masse notwendig ist, rasant an.
Im letzten Quartal in 2009 und Anfang 2010 stieg die Nachfrage nach Silber auf einmal explosionsartig an. Sie stieg um 50% gegenüber dem Vorjahr. Dasselbe geschah in 2011. Zu diesem Zeitpunkt begann dann auch der Silberpreis zu steigen.
War dies also der große Auftrieb für den Silberpreis? Kurz gesagt: Nein. Aus Sicht der Industrie hätte das Timing sogar nicht schlechter sein können.
Auf dem Gipfel der Nachfrage aus der Photovoltaik-Branche begann der Silberpreis, sich sprunghaft zu bewegen, was die Produktionskosten des Endprodukts in die Höhe trieb. Und da die PV-Industrie eine bestimmte Form von 999,9er Silber benötigte (im Gegensatz zu dem Standard 999er Silber, das auf dem Großhandelsmarkt gehandelt wird), war die benötigte Menge nicht immer gleich verfügbar. Dies führte zu Problemen auf dem Markt. Innerhalb weniger Monate kam es auf dem Silber-Futures-Markt der Comex zu Kursabschlägen, und die Preise für kurzfristige Lieferungen stiegen über die, die weiter in der Zukunft lagen.
Normalerweise ist das Angebot groß und der zukünftige Preis liegt über dem aktuellen für sofortige Lieferungen. Aber wegen der Notwendigkeit für diese spezielle Qualität wurden viele auf der Comex gehaltene physische Barren beiseitegelegt, um sie nach dem dringend benötigten 999,9er Feinsilber hin zu untersuchen. Dies führte zu großen Entnahmen. Met-Mex Penoles aus Mexiko, einer der größten Silberproduzenten der Welt, war dafür bekannt, diese qualitativ extrem hochwertigen Barren zu produzieren und die New Yorker Terminbörse mit großen Mengen davon zu beliefern.
Zu dieser Zeit gab es zahlreiche Marktbeobachter, die davon ausgingen, dass es einen Engpass an physischem Silber gäbe. Aber die Wahrheit war, dass es jede Menge an 999er Silber in Form von den typischen Großhandelsbarren gab (zu je 1000 Feinunzen bzw. 31,1 Kg). Nur der Mangel an kleinen Silberbarren und –münzen wurde durch Produktionsengpässe verursacht. Diese hatte aber nichts mit der Silbernachfrage durch die PV-Branche zu tun.
Da zeitlich der Preisanstieg zufällig mit der Nachfrage aus der Photovoltaik-Industrie zusammenfiel, führten viele andere Marktbeobachter die steigende Preise auf die Nachfrage nach Sonnenkollektoren zurück. Aber wenn man näher hinsah, konnte man erkennen, dass die PV-Industrie nur einen kleinen Teil der Lücke schloss, die zuvor der stark nachlassende Bedarf aus der Fotoindustrie in die Silbernachfrage riss.
Silberproduzenten waren sehr froh über den Markteintritt der PV-Industrie. Auch wenn diese in absehbarer Zeit wohl nicht die Kapazität der ehemals so mächtigen Fotofilmproduzenten erreichen wird. Doch obwohl die Solarbranche noch recht jung ist, versucht sie wegen des angestiegenen Silberpreises bereits, bei der Produktion einen Ersatz für die Verwendung des Edelmetalls zu finden oder diese zumindest so weit wie möglich zu reduzieren.
Auf dem Höhepunkt des Bedarfs durch die Solarindustrie in 2011 erreichte deren Bedarf gerade einmal 19% des Verbrauchs, den die Fotofilmindustrie zu ihrer Glanzzeit im Jahr 2000 hatte. Wenn man nun außerdem die Konsequenzen der reduzierten staatlichen Subventionen berücksichtigt, so kann man sich ausrechnen, wie lange es für die PV-Branche dauern müsste, um zu solch einem Verbraucher-Riesen zu avancieren, den sich die Silberproduzenten so innig herbeisehnen.
Silber besitzt viele industrielle Anwendungen, und aufgrund seiner Eigenschaften entdecken es ständig weitere Branchen für deren Anwendungen. Mit niedrigeren Preisen wird die Verwendung von Silber für industrielle Zwecke wohl stabil bleiben oder sogar noch steigen. Allerdings stellen hohe Preise einen Hinderungsgrund für den Gebrauch dieses Edelmetalls dar.
Also welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus? Obgleich einige Faktoren wichtig sind, sind es nicht diese, die in den letzten zehn Jahren hauptverantwortlich für die industrielle Nachfrage nach Silber waren. Vielmehr waren es die vielen internationalen Anleger, die in erster Linie die Lücke füllten, welche die Fotofilmindustrie durch ihren Rückgang hinter sich ließ. Der dritte und letzte Teil dieser Serie zu Silber wird sich den heutigen Hauptverbrauchern von Silber widmen und einen Blick in die Zukunft wagen, um zu sehen, was fortan noch erwartet werden kann.
Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.