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Gold-Regulierung: Wie Regierungen von Schwellenländern mit Krisen ringen

Die Regierungen der Türkei, Indien und Vietnam sind besorgt darüber, dass Bürger Gold kaufen...


Was passiert, wenn eine fallende Währung auf eine steigende Gold-Nachfrage trifft? Eine unglückliche Regierung - und höchstwahrscheinlich eine politische Reaktion, schreibt Ben Traynor von BullionVault.

Wir sahen es im Falle von Vietnam, wo die Zentralbank weiterhin darüber diskutiert, den privaten Goldbesitz des Landes zu mobilisieren, nachdem sie im vergangenen Jahr ein beträchtliches Monopol an eine einzige Raffinerie übergeben hat (das später durch die Zentralbank "administrativ erworben" wurde).

Wir sehen es in Indien, wo die Regierung seit Beginn des Jahres die Einfuhrzölle vervierfacht hat.

Und jetzt könnten wir dabei sein, es in der Türkei sehen, so berichtet die Wall Street Journal, wo die Regierung Pläne hat, Menschen zu ermutigen, ihren privaten Goldbesitz in einheimischen Banken zu hinterlegen. Ein Vorschlag, das man in Erwägung zieht, so heisst es, sind verzinsliche Goldkonten, bei denen die Anleger die Möglichkeit haben, Goldbarren direkt am Geldautomaten abzuheben.

Es bleibt abzuwarten, ob dies wirklich realisiert wird und ob es erfolgreich sein wird.

"Die Tradition, Gold ausserhalb des Systems zu horden, könnte schwer zu ändern sein", vermutet Murat Ücer, Wirtschaftswissenschaftler bei dem in Istanbul ansässigen Marktforschungsunternehmens Global Source Partners.

Falls man mit dem Plan fortfährt, wird es der jüngste Schritt der türkischen Behörden sein, Gold in das nationale Bankensystem einzuspeisen. Im November vergangenen Jahres hatte die türkische Zentralbank angekündigt, Banken könnten bis zu 10% ihrer Reserven als Gold halten. (In der Zwischenzeit wurde es mit Stand vom 27.03.12 auf 20% erhöht.)

Der Hintergrund für all dies ist eine fallende Währung gekoppelt mit dem Problem der Zahlungsbilanzierung. Die türkische Lira fiel 2011 um 23% gegenüber dem Dollar. Die türkische Gold-Nachfrage im vierten Quartal 2011 stieg dagegen um 128% im Vergleich zum Vorjahr, laut neuester Daten des World Gold Council.

Für das ganze Jahr sank die Nachfrage für Goldschmuck leicht, doch die Nachfrage für Goldbarren und Münzen, die Menschen in erster Linie für Anlagezwecke kaufen, stieg um 99% auf 80,4 Tonnen (tatsächlich war die Türkei im letzten Jahr der weltweit größte Produzent von Goldmünzen).

Fast die gesamte Nachfrage des Landes wurde durch Importe befriedigt. Laut Daten der Istanbuler Goldbörse hat die Türkei 2011 79,7 Tonnen Gold importiert. Das ist keine gute Nachricht für ein Land, dessen Leistungsbilanzdefizit bei rund 10% des BIP liegt.

Hier haben wir einen klaren Fall von kumulativer Kausalität: Die türkische Lira verliert an Wert und die Menschen sichern sich ab, indem sie Gold kaufen. Das Gold muss importiert werden, was einen weiteren Druck auf den Wechselkurs ausübt und das Handelsdefizit ausweitet.

Es ist nicht ganz klar, wie Goldkonten diesen Kreislauf durchbrechen sollen. Vielleicht hofft die Regierung, wenn Banken Gold in ihren Bilanzen aufzeigen, wird es das Vertrauen in das Finanzsystem stärken, die Neigung, Gold zu kaufen verringern und durch das Zusammenwirken die Lira unterstützen.

Oder vielleicht denken die Behörden, durch das Sammeln eines "Liquiditätspools" von Gold, würden die Banken in der Lage sein, Spitzen der Inlandsnachfrage aufzufangen, ohne dass das Land so stark auf Importe angewiesen ist. In der Tat würden die Banken das Gold der Anleger verleihen, wie sie es bereits mit deren Geld machen und einen Anteil als Reserve halten für Auszahlungen. 

Falls die Türkei dies erwägt, würde dies die offensichtliche Gefahr beinhalten, dass Banken ein Ansturm bevorsteht. Es ist anzunehmen, dass Goldanleger geneigt sind, es auszuprobieren und dann ihr Gold zurück haben wollen, wenn a) finanzielle oder wirtschaftliche Belastungen es notwendig macht und man seinen Wert erkennt und b) sie fürchten, dass die Bank, bei der sie das Gold hinterlegt haben, Pleite gehen könnte.

Beide Szenarien sind in letzter Zeit gemeinsam aufgetreten. Darüberhinaus gehen sie oft (wenn auch nicht immer) mit einem steigenden Goldpreis einher, da Anleger zu vermeintlich sicheren Häfen laufen.

Ein Ansturm auf Goldkonten ist eher wahrscheinlich als ein Ansturm auf Bargeld. Die Einlagensicherung von Regierungen ist eine Möglichkeit, Vertrauen zu erhalten und einen Ansturm zu vermeiden, doch dies ist wahrscheinlicher für Bareinzahlungen, als für Gold. Im Gegensatz zu inländischen Bargeldeinlagen, können Goldkonten nicht von einer Regierung garantiert werden, es sei denn, die Regierung hat vorab für große Goldreserven gesorgt, von denen es zehren kann oder man ist willens und in der Lage, sofort zu reagieren und Gold direkt auf dem internationalen Markt zu kaufen.

Vermutlich wird keiner dieser Schritte das Vertrauen in die Währung fördern und dies bringt uns zurück zu der Situation, in der sich die Türkei gerade befindet - eine schwache Lira, schwache Girokonten und eine Bevölkerung, die zu Gold flieht. Die andere Möglichkeit ist natürlich, dass eine Regierung die Torpfosten verschiebt und Anlegern den Zugriff auf ihr Gold verweigert.

Schaut man sich die Geschichte von Ländern mit direkter Erfahrung mit Goldkonten an den Beispielen von Indien, Vietnam und China an, dann verheißt das nichts Gutes für türkische Anleger. 

Indien, Vietnam und die Türkei sind alle Schwellenländer, deren Regierungen angesichts von Währungs- und Zahlungsbilanzproblemen Gold als Sicherheit identifiziert haben. Bisher erwägt die Türkei als Anreiz Zinsen auf Goldkonten zu zahlen und Banken zu ermutigen, Gold zu halten. Doch die Erfahrungen von Indien und Vietnam legen nahe, dass es irgendwann zu einem Strick werden könnte. 

Wenn die Politiker der Schwellenländer ihre regulierenden Muskeln weiter spielen lassen, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die globale Gold-Nachfrage haben. Verbraucher in Indien und China haben im letzten Jahr jede zweite Unze Gold gekauft. Das Wachstum der Nachfrage aus diesen beiden Ländern - insbesondere aus China, das seinen Goldmarkt erst zu Beginn des letzten Jahrzehnts dereguliert hat - war eine wichtige treibende Kraft für den Gold-Bullenmarkt.

Wahrscheinlich gibt es eine Grenze, inwieweit Politiker bereit sind, das Risiko einzugehen, die Bevölkerung gegen sich aufzubringen, die demonstriert hat, dass sie Gold kaufen will. Allerdings müssen wir noch herausfinden, wo die Grenze liegt.  

Ben Traynor ist ehemaliger Redakteur von GoldNews, dem Analyse- und Forschungsportal für Investment des weltweit führenden Goldanbieters BullionVault. Zuvor war er Redakteur des Fleet Street Letter, Englands langjährigem Investment-Newsletter. Ben Traynor ist Cambridge-Absolvent der Volkswirtschaften und professioneller Autor und Redakteur mit Schwerpunkt Geldwirtschaft.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Sehen Sie hier alle Artikel von Ben Traynor                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         

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