Europas Gold-Standard des 21.Jhd.
Gold könnte heute in der Eurozonen-Krise tatsächlich für einen guten Zweck eingesetzt werden...
Stellen Sie sich vor, Sie würden der Welt €2 Bio. schulden, schreibt Adrian Ash von BullionVault, gleichzeitig aber würden Sie auch den weltweit viertgrößten Bestand an physischem Gold besitzen.
Es muss doch einen Weg geben, wie Italien diese Reserven nutzen kann, um seine Staatsverschuldung zu verringern. Oder?
Nun zunächst einmal sind die Goldreserven der Banca d'Italia nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Fügen Sie dem noch ihre Devisenbestände hinzu und das Gesamtergebnis entspricht nur 7,8% von Italiens öffentlichen Schulden. Rom schuldet massive 123% von Italiens jährlicher Wirtschaftsleistung - das ist zweimal soviel wie die Obergrenze, der von den Euro-Staaten gesetzt (und ignoriert) wird. Dass heisst, nicht nur würde Italien in einer möglichen Post-Euro-Landschaft nackt darstehen, die Goldreserven ihrer Zentralbank auszunehmen würde das Problem kaum lösen.
Zweitens gehören diese 2.451 Tonnen Gold der Zentralbank, nicht der Regierung. Wie auch die €50.6 Mrd. an Devisen. Und die Verträge, die Rom unter den verschiedenen Eurosystemen unterzeichnet hat, als es den meisten der übrigen westeuropäischen Länder beitrat, um niedrige deutsche Zinsen zu erhalten ohne die hohen deutschen Ersparnisse zu haben, stellen die Reserven außerhalb der Reichweite der Regierung.
Denn Staaten der Eurozone dürfen ihre Zentralbank-Reserven nicht verwenden, um Defizite zu finanzieren. Das bedeutet, auf den ersten Blick sind die großen Gold-Reserven - mehr als eine Unze von drei wird weltweit in offiziellen Händen gehalten - effektiv tot.
"Gold wird in Afrika oder anderswo aus dem Boden gegraben", so sagte Warren Buffett zu Harvard-Studenten im Jahre 1988, "Dann schmelzen wir es ein, graben ein anderes Loch, begraben es wieder und zahlen Menschen, die herumstehen, um es zu bewachen. Es hat keinen Nutzen. Jeder, der vom Mars aus zuschaut, würde sich den Kopf kratzen."
Aber vielleicht denkt Buffett, genau wie seine Marsianer, nicht weit genug.
Flüstern Sie es nicht zu laut, aber zwei Lösungen werden hin und her geworfen, bei denen Gold tatsächlich von Regierungen genutzt werden könnte, um das Chaos, das sie geschaffen haben, zu mindern. Zuerst, sagt der deutsche Sachverständigenrat, muss jedes Eurozonen-Land mit öffentlichen Schulden von mehr als 60% des jährlichen BIP Vermögenswerte - wie z.B. Gold, wenn nicht gar den Parthenon - aufbringen, um an einen großen "Tilgungsfonds" angeschlossen zu werden. Dieser Fonds würde dann von diesen Vermögenswerten abgesichert werden, die Mitglieder zurückerhalten, wenn sie ihre Überverschuldung, die über dieser Obergrenze von 60% liegt, über einen Zeitraum von 20 Jahren abbezahlen.
Kommen Sie soweit mit? Berlin nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte diese Idee vor einem Jahr ab, vielleicht weil Deutschland - wie Frankreich, die Niederlande und so ziemlich alle anderen auch - diesem Schema beitreten müssten. Deutschland, der größte Gold-Besitzer der Eurozone und ihre größte Volkswirtschaft, hat jetzt eine Staatsverschuldung von 83% des BIP. Aber die Krise hat sich seit November 2011 nicht verbessert. Und der Tilgungsfonds ist ursprünglich eine deutsche Idee.
Zweitens aber, und weil der Grund der Eurozonen-Krise der ist, dass einige Nationen viel höhere Kreditkosten zahlen müssen als andere Mitgliedstaaten, warum dürfen sie dann nicht ihr Gold nutzen, um eine günstigere Finanzierung auf dem Markt zu bekommen? Das ist es, was zum Beispiel der World Gold Council vorschlägt.
Italien und Portugal könnten zum Beispiel neue Staatsanleihen ausstellen, die teilweise durch Gold abgesichert sind. Beide haben erhebliche Goldreserven im Vergleich zu ihrem unmittelbaren Finanzierungsbedarf. Beide könnten sehr wahrscheinlich niedrigere Zinsen von privaten Kreditgebern erhalten, wenn diese Kreditgeber im Falle des Verzugs das Versprechen einer teilweisen Gold-Zahlung hätten. So hätten beide sehr hohe Anreize, Verzug zu vermeiden, um nicht alle oder einen Teil ihrer Goldreserven zu verlieren. Und wie der Direktor für Regierungsangelegenheiten des World Gold Council, Natalie Dempster, es mir letzte Woche erklärte, wenn dadurch ihre Rolle innerhalb des Problems, vor allem Italiens, verringert wird, könnte die Eurozone ihre steuerfinanzierten Ressourcen auf die anderen gebeutelten Staaten konzentrieren, allen voran Griechenland und Spanien.
Ganz entscheidend ist, dass diese Idee nicht neues Gelddrucken erfordert, da die Schulden von privaten Kreditgebern getragen werden, anstatt von der Europäischen Zentralbank. So gäbe es keine zusätzliche Gefahr der Inflation. Das war bisher der große Stolperstein gewesen für die deutsche Zustimmung zu allen anderen vorgeschlagenen Massnahmen und Lösungen.
Die Medienresonanz hinsichtlich dieser Idee war bisher gemischt. Die Financial Times war weitgehend positiv im Spätsommer, die Berichterstattung des Wall Street Journal letzte Woche dagegen weniger. Es gibt immer noch das rechtliche Problem der Verwendung von Gold als Hilfe zur Finanzierung von Staatsverschuldung. Auch gibt es das Problem, ob man es jeder Eurozonen-Nation selbst überlässt, zu sinken oder selbst zu schwimmen, anstatt gemeinsam zu planschen im großen glücklichen Pool der deutschen Experten-Massnahmen.
Aber die Idee, Gold als Sicherheit zu bieten, um billigere Kredite zu erhalten, ist gängige Praxis in Asien. Es hat zum Beispiel die Verbraucher-Kredite in Indien revoluzioniert, wo private Haushalte sogar mehr Gold besitzen als die Staaten der Eurozone zusammen. Und wie eine unterstützende Studie, die dem Europäischen Parlament von Professor Ansgar Belke von der Universität Duisburg-Essen vorgelegt wurde, zeigt, ist Gold als Sicherheit zu nutzen, um günstige Kredite aufzunehmen, wirklich nichts neues für Staatsregierungen.
"In den 1970er Jahren, zum Beispiel, haben Italien und Portugal ihre Goldreserven als Sicherheit genutzt, um Darlehen von der Bundesbank, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und anderen Institutionen wie der Schweizerischen Nationalbank zu bekommen. Italien zum Beispiel, erhielt einen $2 Mrd. Rettungskredit von der Bundesbank im Jahr 1974 und hinterlegte dafür ihr Gold als Sicherheit. In jüngerer Zeit, im Jahr 1991, benutzte Indien sein Gold als Sicherheit für ein Darlehen von der Bank of Japan und anderen. Und im Jahr 2008 hat die schwedische Riksbank ihr Gold verwendet, um Bargeld aufzubringen und das skandinavische Bankensystem mit zusätzlicher Liquidität zu versorgen."
Im Gegensatz zur allgemeinen Weisheit und gegenwärtiger Eurozonen-Praxis können und haben Regierungen guten Gebrauch gemacht von Gold. Und auch lange nach dem Niedergang des klassischen Gold-Standards brauchen sie ihr Gold nicht zu verkaufen und somit zu verlieren, wie sie es noch vor einem Jahrzehnt taten, damals als die Geschichte zu Ende ging und das Risiko einer Krise so weit weg schien wie, sagen wir, ein griechischer Ausstieg aus der Eurozone.
Schulden teilweise mit Gold zu decken hat auch eine viel längere Geschichte als die 1970er Jahre. Während dem hohen viktorianischen Gold-Standard, durfte die Bank of England Banknoten ausstellen, deren Menge weit über dem tatsächlichen Wert der Golddeckung in ihren Tresoren war. Im Laufe der nächsten 80 Jahre, dem Höhepunkt des internationalen Handels, das von diesem Londoner Bankenunternehmen ermöglicht wurde, wurden die Anforderungen der Bank of England sicherheitshalber auf nur eine Unze Gold für jede dritte Unze im Wert von Papier Pfund Sterling herabgesetzt. So waren zwei Drittel von Großbritanniens goldgedecktem Geld ungedeckt, kurz gesagt, alle Banknoten waren mit dem Stempel "Versprechen zu zahlen" gestempelt.
Schulden heute teilweise zu decken müsste für jeden, der gerade vom Mars zuschaut, furchtbar ähnlich aussehen.