Warum sich die „Zahlungsunfähigkeit“ nicht auf den Goldpreis auswirkt
Warum? Weil dies nicht die Zahlungsunfähigkeit ist, die den Goldpreis beeinflussen könnte…
Man kann es nicht leugnen, schreibt Adrian Ash von BullionVault. Die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA scheint bislang kein bedeutendes Ereignis für den Goldpreis darzustellen.
Am vergangenen Donnerstag brachte sogar lediglich der Hinweis auf eine mögliche, kurzfristige Lösung den Goldpreis auf unter 1300 USD je Feinunze.
Für langfristige Anleger wirkt die derzeitige Situation eher ironisch.
Der US-Dollar ist die wichtigste Währung der Welt. Genauso wie die Vereinigten Staaten der weltweit größte Kreditnehmer ist. Sogenannte „Goldbugs“, die Anfang des 21. Jahrhunderts anfingen, Gold zu kaufen, sind genau von solch einer Situation ausgegangen. Von 2007 an steuerte Washington noch mehr zu seinem historischen Schuldenberg bei, wodurch es den gesamten nationalen Finanzsektor nur mit noch mehr Versprechen an seine Steuerzahler deckte.
Die Endphase schien eindeutig zu sein. Und hier ist sie nun, nur noch eine halbe Woche von uns entfernt. Jetzt besteht ein sehr reales Risiko eines echten Zahlungsausfalls, das Versagen der US-Regierung, ihre Schulden und weitere anfallenden Rechnungen zu begleichen.
US-Staatsanleihen unterstützen das weltweite Finanzsystem, legen Zinssätze fest und agieren als Schuldensicherheit für nahezu die ganze Welt. Durch die Panik, die sich breitmacht, sollten die Preise für Gold und Silber eigentlich steigen. Allerdings sehen wir Preise von deutlich unter 1300 USD je Feinunze.
„Man sollte denken, dass das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit seitens einer Regierung den Goldpreis in die Höhe treibt“, sagt John Waggoner gegenüber USA Today. „Bei einem Verzug bleiben immerhin die fern, die normalerweise staatliche Schulden kaufen, wodurch der Wert der US-Währung auf den ausländischen Märkten fällt. Dennoch spielt Gold noch keine größere Rolle in den Portfolien [der Anleger].“
Kurz gesagt, verhält sich der Goldpreis momentan nicht so, wie er es sollte, nachdem der mögliche Zahlungsausfall der US näher rückt. „Ehrlich gesagt macht das keinen Sinn“, meint auch Dan Denbow, Manager des 1 Mrd. USD schweren Fonds von USAA Precious Metals und somit jemand, der mehr über Gold als die meisten anderen wissen sollte. „Die ganze Situation ist etwas verwirrend.“
Doch lassen Sie uns einen Moment innehalte. Die momentane Welt passt nicht zu dem Modell. Ist es folglich vielmehr die Welt, die nicht richtig funktioniert?
Damals in 2009 schrieb Nouriel Roubini, dass „der Anstieg des [Gold-] Preises einer Spekulationsblase verdächtig ähnlich sehe.“ Aufgrund des Ausbleibens einer ernsthaften Inflation oder eines katastrophalen wirtschaftlichen Zusammenbruchs konnte sich der Professor der NYU Stern School nicht vorstellen, dass die Goldpreise ansteigen würden. Aber sie taten es.
Nun, Ende 2013, ist es das entgegengesetzte Problem, das Experten und Händler verwirrt. Gold fällt, obwohl es „eigentlich“ steigen sollte. Versagt etwa die Schwerkraft? Oder wird der Markt womöglich von jemandem manipuliert?
Aber in Wirklichkeit handelt es sich nicht um eine echte „Zahlungsunfähigkeit“ der USA. Es ist eine Augenwischerei, eine Täuschung. Alles, was derzeit passiert, ist politisches Gehabe. Und das wissen auch die Finanzmärkte. Amerika droht der Zahlungsausfall aufgrund einer Formsache, nicht aufgrund der Aussage der Gläubiger, keine weiteren Ausgaben mehr zu finanzieren. Selbst in dem Fall, dass bis zum 17. Oktober keine Einigung gefunden werden sollte, ist es dennoch klar für diejenigen, die in Aktien und Anleihen investieren, dass die USA weiterhin so viel ausleihen und ausgeben kann, wie sie möchte. Lediglich die willkürlich festgelegte und zudem leicht veränderbare Schuldenobergrenze kann dies verhindern. Aber natürlich bleibt die USA dennoch die weltweit größte Volkswirtschaft, und Anleger werden weiterhin darin investieren, unabhängig von den Schulden.
Betrachten wir beispielsweise den Kommunikationsbereich. In Großbritannien betrug der Wert der Royal Mail, die in der letzten Woche freigegeben wurde, um die 5,25 Mrd. USD, und stieg dann am ersten Handelstag am letzten Freitag sprunghaft um 38%. Im Vergleich dazu ist in den USA Twitter rund doppelt so viel wert, gemessen an den Börsennotierungen. Lassen Sie die unterschiedlichen Geschäftsmodelle außer Acht. Die Royal Mail machte in 2012 einen operativen Gewinn von 700 Mio. USD, wohingegen Twitter im ersten Halbjahr in 2013 Verluste in Höhe von 68 Mio. machte. Eine dieser Aktien verkauft sich gut. Aber die, die fällt, wird vermutlich langfristig ganz anders aussehen.
Es ist keine große Überraschung, dass Gold und Silber nicht so stark ansteigen. Weil nämlich die US-Zahlungsunfähigkeit nicht eintreten wird, und zwar unabhängig davon, was am Donnerstag herauskommt. Und, zusammen mit dem wiedergewonnenen Aufschwung Amerikas, hat das Gefühl der Krise, das in 2011 gipfelte, seitdem immer mehr nachgelassen. Die wirkliche Panik, die „finanzielle Endzeit“, von der die Republikaner der Tea-Party-Bewegung sprechen, steht nach wie vor aus. Sie ist noch nicht eingetroffen. Und falls sie noch kommt, bieten Edelmetalle, allen voran Gold, ein hervorragendes Gegenmittel.
Physisch selten und unzerstörbar, ist Gold genau das Gegenteil von Anleiheinvestitionen. Es zu besitzen, ist etwas völlig anderes als ein Gläubiger zu sein. Falls diese Zahlungsunfähigkeit real wäre, würde man es am Gold sehen. Aber was wir momentan sehen, ist nicht die Zahlungsunfähigkeit, die den Goldpreis beeinflussen könnte.